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Verwaltungsgericht: Merkels Terminkalender bleibt für Bürger tabu

Die Richter sehen die Sicherheit der Kanzlerin gefährdet. Das Berliner Verwaltungsgericht weist deshalb eine Klage auf Herausgabe des Terminkalenders Angela Merkels ab, gibt aber die Gästeliste zum Ackermann-Geburtstagsessen im Kanzleramt frei.

Berlin - Der Terminkalender von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bleibt vorerst geheim. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht am Donnerstag entschieden und damit eine Klage des Verbraucherschützers und „Foodwatch“-Chefs Thilo Bode und der Rechtsanwältin Katja Pink zum Teil abgewiesen. Beide hatten Informationen zum umstrittenen Geburtstagsessen des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann im Bundeskanzleramt verlangt. Die Kläger wollten so Treffen Merkels mit Vertretern der Finanzwirtschaft im Umfeld des Abendessens im April 2008 nachweisen. Bode und Pink verlangten auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) zudem eine Gästeliste und alle Aktennotizen, die die Veranstaltung betrafen.

Das IFG ist ein relativ junges Gesetz, zu dem sich die Rechtsprechung erst noch bilden muss. Es gilt der Grundsatz, dass jeder Bürger „Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“ haben soll. Damit sollte ein Instrument geschaffen werden, Behördenhandeln besser und unmittelbarer kontrollieren zu können. Ähnliche Gesetze wie das IFG für den Bund gibt es auch in den Ländern.

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Gerichtspräsidentin Erna Viktoria Xalter sieht allerdings die Sicherheit Merkels gefährdet, sollten ihre Termine von damals öffentlich werden. „Durch die Offenlegung kann ein Bewegungsprofil der Bundeskanzlerin erstellt und dadurch deren Gefährdung erhöht werden“, urteilten die Richter. Anders werteten sie die Schwärzungen auf der Gästeliste bei Teilnehmern, die mit der Weitergabe ihrer Daten nicht ausdrücklich einverstanden waren. „Insoweit überwiegt das Informationsinteresse der Kläger die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen.“ Es handele sich um Personen des öffentlichen Lebens. Sie seien nicht als Privatpersonen, sondern in ihrer Funktion in das Bundeskanzleramt eingeladen worden. Bode nannte das Urteil einen „Teilerfolg“ und schloss eine Berufung nicht aus.

In der mündlichen Verhandlung hatte die Vorsitzende Richterin Xalter Zweifel an einigen Argumenten des Kanzleramts deutlich gemacht. „Es erweckt Misstrauen, wenn man auf Anfrage erst keine Dokumente finden kann und dann später doch welche herausgibt.“ Auch die „Löschroutine“, wie es die Vertreterinnen der Bundesregierung nannten, stieß bei ihr auf Kritik. Xalter schien nicht plausibel, weshalb etwa der Einladungstext penibel archiviert wurde, während andere Dokumente gelöscht worden seien.

Kläger Bode unterstrich in der Verhandlung das „öffentliche Interesse, mehr über die Verflechtungen von Politik und Wirtschaft zu erfahren“. Dort seien auch die Ursachen für die Weltfinanzkrise zu suchen, die von den USA ausgegangen sei. US-Finanzminister Timothy Geithner sei in einem umfassenden Report zur Krise mit seinen Verflechtungen „geoutet“ worden, Vergleichbares müsse auch in Deutschland möglich sein. „Es geht um einen Vorgang, der einen globalen Schaden angerichtet hat“.

Das IFG enthält zahlreiche Ausnahmetatbestände, auf die sich Behörden berufen können, um Dokumente oder Auskünfte zu verweigern, etwa wenn sich die Offenlegung auf internationale Beziehungen nachteilig auswirken könnte oder Sicherheitsbelange betroffen seien. Merkels Juristen drangen darauf, für das innerste politische Handeln müsse es eine Art Ausnahme vom Offenlegungsgrundsatz geben. Tatsächlich hatte auch das Verwaltungsgericht in einem anderen Fall diese Ansicht bestätigt und Ansprüche aus dem IFG eingeschränkt, soweit sich Informationen auf „Regierungstätigkeit“ beziehen. Das Oberverwaltungsgericht war allerdings anderer Meinung: Auch in einer Regierung sei das meiste Handeln behördlicher Natur.

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