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Politik: Viele gute Absichten

Beim Migrationsgipfel in Rabat debattieren Europäer und Afrikaner über Flüchtlingspolitik – mit sehr verschiedenen Blickwinkeln

Rabat - Europa und Afrika wollen künftig bei der Flüchtlingspolitik, der kontrollierten Einwanderung in europäische Länder und bei der Grenzsicherung stärker zusammenarbeiten. Dies vereinbarten 30 europäische und 27 afrikanische Staaten auf dem ersten Migrationsgipfel der beiden Kontinente, der am Dienstag in der marokkanischen Hauptstadt Rabat zu Ende ging. In dem Aktionsplan, der zunächst nur eine Absichtserklärung beider Seiten ist, verspricht die europäische Staatengemeinschaft auch, ihr Entwicklungs-Engagement in Afrika auszubauen, um die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern.

Doch die gemeinsame Schlusserklärung auf der Konferenz kann nicht verdecken, dass die Blickwinkel auf beiden Seiten des Meeres sehr verschieden sind. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hatte in einer Grußbotschaft die „Entschlossenheit im Kampf gegen die illegale Einwanderung“ in den Vordergrund gestellt. Afrikanische Redner betonten hingegen, dass Europa „mehr Solidarität“ mit dem schwarzen Kontinent zeigen müsse. Der jungen afrikanischen Gesellschaft, wo zwei Drittel der Menschen unter 30 sind, mangele es an Perspektiven. Und der Wohlstandsgraben zu Europa werde immer größer.

Hintergrund des Gipfels sind die Flüchtlingstragödien, die sich derzeit täglich auf dem Mittelmeer und vor der westafrikanischen Küste im Atlantik abspielen. Die EU gelobte nun, mit einer gemeinsamen Politik die kontrollierte Einwanderung von Fachkräften zu fördern, entsprechend der Bedürfnisse auf dem Arbeitsmarkt. Zudem soll der Zugang afrikanischer Studenten zu europäischen Universitäten erleichtert werden. Afrikaner, die bereits in Europa sind, will man den Geldtransfer in die Heimat erleichtern. „Man muss die Menschen dazu bringen, im eigenen Land zu investieren“, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Die meisten Immigranten in Europa unterstützen mit ihrem Einkommen ihre Familien in der Heimat. Zudem soll Kleinbetrieben in Afrika verstärkt mit Krediten geholfen werden.

Von afrikanischer Seite will man sich bemühen, die Flüchtlingsströme Richtung Europa zu überwachen und die Grenzen an den afrikanischen Küsten besser abzusichern. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex werde mit Marokko, Mauretanien, Senegal und Kap Verde nun gemeinsame Küstenpatrouillen organisieren, sagte Ferrero-Waldner. Die Patrouillen sollten bereits vor einem Monat starten, was aber an bürokratischen Hindernissen gescheitert war. Auch versprachen die afrikanischen Länder, Rückführungsabkommen für illegal nach Europa Eingewanderte auszuhandeln.

EU-Grenzschutzkommissar Franco Frattini sagte, die afrikanischen Herkunftsländer hätten die „Verpflichtung“, ihre illegal nach Europa gekommenen Landsleute wieder aufzunehmen. In der Praxis scheitert die Rückführung jedoch oft daran, dass viele Flüchtlinge ihre Herkunft verschleiern und ihre Nationalität nicht eindeutig festgestellt werden kann. Die EU will deshalb nun „zivile Interventionseinheiten“ bereitstellen, die bei der Identifizierung helfen.

Ralph Schulze

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