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Politik: Viele Kinder gehen ohne Frühstück in die Schule

Studie: vor allem ärmere Familien betroffen Eltern- und Lehrerverbände für Schulmahlzeiten

Berlin - Fast jedes zweite Kind aus Familien mit geringem Einkommen geht morgens ohne Frühstück in die Schule. Das zeigt eine Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die dem Tagesspiegel vorliegt.

Damit bestätigt das DIW den Verdacht von Armutsforschern, dass Kinder aus armen Familien häufiger als andere ohne Frühstück in die Schule kommen. Diese Kinder sind merklich unkonzentrierter und sie zeigen allgemein schlechtere Schulleistungen. Die vom Sozioökonomischen Panel durchgeführte Umfrage ergibt: In 41 Prozent der Familien mit einem geringen Einkommen findet morgens kein gemeinsames Frühstück mehr statt. In Familien mit hohem Einkommen dagegen geht nur jedes vierte Kind ohne Frühstück aus dem Haus.

Die Vorsitzende des Bundeselternrates, Anja Ziegon, sagte dem Tagesspiegel: „Wer ohne Frühstück aus dem Haus geht, kann in der Schule nicht gut lernen. Das ist trostlos. Wir müssen jetzt endlich kostenlose Schulmahlzeiten für alle Kinder anbieten.“ Das Problem dürfe man nicht bei den Eltern abladen, warnte Ziegon: „Es ist doch gerade bei Schlechtverdienern so, dass beide Elternteile arbeiten und dass sie häufig schon vor den Kindern aus dem Haus gehen müssen.“ Gerade in der unteren Einkommensgruppe „sind Vernachlässigungstendenzen erkennbar. Das ist ein Problem,“ sagt DIW-Forscher Jürgen Schupp. „Die Kultur des gemeinsamen Frühstücks ist nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme.“

Experten sagen, dass da, wo die Eltern nicht darauf achten, dass gemeinsam gefrühstückt wird, in der Regel gar nicht gefrühstückt wird. „Wenn aber fast die Hälfte der Kinder im Grundschulalter nicht mit einem vollen Magen zur Schule kommen, muss die Gesellschaft reagieren“, fordert auch Norbert Hocke, Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Hocke sagte, dass es möglicherweise besser sei, „auf eine Sprachstandserhebung oder einen Mathetest zu verzichten“ und stattdessen ein gemeinsames Frühstück in der Schule und im Kindergarten vorzusehen: „Auch beim Frühstück kann Sprache gelernt und können Werte vermittelt werden.“ Eine Gesellschaft, die von den Eltern Flexibilität und die Bereitschaft verlange, zu jeder Tageszeit zu arbeiten, dürfe die Familien mit den daraus resultierenden Problemen nicht alleine lassen.

Schupp bestätigt, dass es bei seiner Beobachtung nicht nur um das Frühstück geht, sondern um alle Mahlzeiten während der Woche. In der Umfrage wird deutlich, dass nur noch die Älteren, die Rentnerpaare, regelmäßig gemeinsam essen. Bei den Jüngeren, vor allem bei Familien mit Kindern, wird in der Woche nur noch rund die Hälfte der als Durchschnitt angenommenen 21 Mahlzeiten auch zusammen verspeist.

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