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Politik: Viele Worte, wenig Worte

Von Robert Birnbaum Der Parteivorsitzende hat klare Worte gesprochen. So, hat Guido Westerwelle am Freitag gleich zu Anfang dem FDP-Vorstand vorgehalten, gehe es nicht: Der Chef im Nahen Osten und damit in der Pflicht, zur deutschen Innenpolitik zu schweigen - und daheim tanzen die Mäuse auf den Tischen!

Von Robert Birnbaum

Der Parteivorsitzende hat klare Worte gesprochen. So, hat Guido Westerwelle am Freitag gleich zu Anfang dem FDP-Vorstand vorgehalten, gehe es nicht: Der Chef im Nahen Osten und damit in der Pflicht, zur deutschen Innenpolitik zu schweigen - und daheim tanzen die Mäuse auf den Tischen! Das Machtwort freilich galt nicht Jürgen W. Möllemann, es galt dessen Kritikern; all jenen FDP-Politikern, die in den zurückliegenden Tagen Forderungen, Erwartungen, Ansprüche an diese Krisensitzung geäußert haben. Und dann hat der Parteichef Westerwelle dem obersten Parteigremium auch gleich dargelegt, wie er sich die Lösung vorstellt: Ein vier Seiten langes Papier mit der anspruchsvollen Überschrift „Die Berliner Erklärung der FDP".

Das Papier ist nicht nur, aber auch das Ergebnis eines Dreier-Gipfels. Kurz vor der Vorstandssitzung hatten sich Westerwelle, sein Vize Möllemann und der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher zusammengesetzt. Dass Möllemanns fortgesetztes Kokettieren mit antisemitischen Vorurteilen, dass sein scharfer Streit mit dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, einen Schnitt notwendig machte, war klar. Wie tief der Schnitt gehen könnte, war nicht klar, weil es kein Schnitt gegen Möllemanns Widerstand sein sollte.

„Wir erreichen die 18“, hatte Möllemann am Vormittag nur gebrummt, als er ins Thomas-Dehler-Haus, das FDP-Hauptquartier in Berlin Mitte, kam. Und er fügte hinzu: „Die Umfragewerte steigen.“ Der Chef der nordrhein-westfälischen FDP, übersetzten das Möllemann-Kenner ahnungsvoll, werde „keinen Millimeter“ nachgeben. Zweieinhalb Stunden tagt der FDP-Vorstand, dann wird Westerwelles Erklärung gebilligt – einstimmig, wie der FDP-Vorsitzende betont, also auch von Möllemann. Wichtig an dem Papier sind nur wenige Sätze. „Die Idee des Liberalismus lässt sich nur in der Mitte des politischen Systems verwirklichen“, lautet eine Kernaussage.

Das ist die Standortbestimmung, die die Verfasser einer Unterschriftensammlung „gegen Rechtspopulismus“ eingefordert hatten. „Wir missbilligen und bedauern, dass durch Äußerungen von Jürgen W. Möllemann Anlass für Missverständnisse entstanden ist“, lautet die zweite Kernaussage. Die dritte steckt in mehreren Sätzen und lautet zusammengefasst: Nun soll es aber auch gut sein, Möllemann habe doch in seinem Brief an den Zentralratspräsidenten Paul Spiegel seinen „Fehler“ eingestanden und zurückgenommen, und jetzt solle Friedman seinerseits „die Kraft“ haben, seinen Vorwurf des Antisemitismus gegen Möllemann zurückzunehmen.

Das also war das Machtwort gegen den notorischen Möllemann. „Missbilligung“ eines Vizeparteichefs durch seine Partei, sagt Westerwelle, sei ein „bemerkenswerter Vorgang“, für den er kein Vorbild kenne. „Es war das Optimum, das erreichbar war“, sagte ein Vorstandsmitglied. Und was ist mit der Entschuldigung, die Spiegel von Möllemann verlangt hat? Danach, sagt Westerwelle, müsse man nicht ihn fragen. Und was ist mit dem Ex-Grünen Karsli und seiner Mitarbeit in der Düsseldorfer FDP-Fraktion? Er finde das „nicht gut“, sagt Westerwelle, aber die Verfassung garantiere das freie Mandat.

Drin in der Sitzung ist Möllemann gefragt worden, einmal nach der förmlichen Entschuldigung, einmal nach dem Ausschluss Karslis. Er hat, berichten Teilnehmer, beide Male nur ein Wort gesagt: „Nein."

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