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Politik: Vielen, vielen Dank, Mr. Adler!

Wenn Sie ein wenig Erfahrungswissen eines älteren Menschen ertragen: Es gab einmal eine Zeit, da in Deutschland nur ein Fernsehprogramm gezeigt wurde. Berlin und Teile der deutschen Mitte waren privilegiert, denn hier gab es schon früh mindestens zwei Programme, die es uns erlaubten, zwischen Pittiplatsch (DDR) und Tagesschau (BRD) zu zappen.

Wenn Sie ein wenig Erfahrungswissen eines älteren Menschen ertragen: Es gab einmal eine Zeit, da in Deutschland nur ein Fernsehprogramm gezeigt wurde. Berlin und Teile der deutschen Mitte waren privilegiert, denn hier gab es schon früh mindestens zwei Programme, die es uns erlaubten, zwischen Pittiplatsch (DDR) und Tagesschau (BRD) zu zappen. Das ging so: Wir standen auf, packten einen Drehknopf vorn am Fernseher und schalteten zum anderen Sender. Knacks! Dann mussten wir noch die Zimmerantenne verdrehen, sehr umständlich.

In Deutschland wäre aber niemand auf die Idee gekommen, deshalb gleich die Fernbedienung zu erfinden. Das hat vielmehr der Amerikaner Robert Adler getan, der jetzt im Alter von 93 Jahren gestorben ist. Es heißt, er sei noch bis 1999 tätig gewesen – wusste also wohl, was er da angerichtet hat.

Ohne Fernbedienung würde niemand von uns glotzend auf dem Sofa hocken, an debilen Programminhalten hängenbleiben und dabei fett und dumm werden. In Deutschland gibt es gegenwärtig nächtliche Quiz-Shows, in denen die Zuschauer beispielsweise Automarken mit O raten müssen, um gewaltige Geldsummen zu gewinnen. Das schafft aber keiner, denn wenn die hysterische Moderatorin den BH zum Zeichen des Spielendes ablegt, stellt sich heraus, dass die Marken Proleto heißen sollten oder Voleti. Vielen, vielen Dank, Mr.Adler.

Englische Forscher sagen jetzt: Exzessives Fernsehen im Vorschulalter fördert Fettleibigkeit, Augenschäden und Autismus, beschleunigt das Eintreten der Pubertät und erzeugt krebserregende Zellmutationen, bei älteren Glotzern macht es gleich direkt Alzheimer. Ohne Fernbedienung entfiele der Reiz, wir würden lieber vor dem Computer hocken und uns klug googeln, statt wichtige Automarken wie Proleto und, ähm, Vanoti? einfach zu vergessen.

Vermutlich kann uns nur noch die Gesundheitspolitik helfen. Eine Fernbedienungssteuer, gestaffelt nach der Zahl der Programmplätze, Sendungen nach Schadstoffklassen: Wer zehn „Tagesthemen“-Zertifikate verkauft, darf einmal „Lustige Musikanten“ anschauen. Bohlen gucken, dabei Chips futtern und rauchen – das ist nur noch in luftdicht abschließbaren Kabinen möglich. Und nur, wenn die Kinder bei der Oma sind.

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