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Politik: „Vielleicht ist bis zu Verhandlungen auch Beckstein schon weg“

Freie-Wähler-Chef Aiwanger über das Abschneiden der CSU, den Unterschied zur FDP, seine Pläne und die Zukunft von Gabriele Pauli

Was bedeutet der Rücktritt von CSU- Chef Huber für die Freien Wähler?

Es bedeutet, dass wir uns durchgesetzt haben mit unserer Forderung: Bayern muss sich politisch bewegen, ein Weiter-so darf es nicht geben. Jetzt hört man auch von der CSU, Politik müsse wieder Dienst an der Bevölkerung tun. Man wird wieder demütiger. Das ist nur dadurch möglich geworden, dass wir die CSU unter die absolute Mehrheit gezwungen haben.

Ihr Ziel waren auch personelle Konsequenzen bei der CSU?

Es war nicht unser Hauptziel. Aber Huber und Haderthauer waren auch Symbolfiguren für eine rücksichtslose Parteienpolitik. Jetzt bewegt man sich wieder auf die Themen der Bürger zu. Beckstein dagegen war kein so großes Problem für uns.

Ärgern Sie sich, wenn die Freien Wähler als „CSU light“ bezeichnet werden?

Früher hieß es oft, wir seien Steigbügelhalter oder der Wurmfortsatz der CSU. Wir haben es aber geschafft, eine klare Linie zu ziehen. Inzwischen wurden wir ja auch als Hauptgegner der CSU tituliert. Aber unser Ziel ist nicht Gegner zu sein, sondern politisch etwas zu bewegen. Dazu war es wichtig, die CSU hart anzugehen.

Riskieren Sie denn mit dem Landtagseinzug nicht den Verlust dessen, was Sie bisher von der CSU so abgehoben hat?

Das Gegenteil ist der Fall. Endlich haben wir die Möglichkeit, dort Politik zu machen, wo zu Hause das Tischtuch oft zu kurz war. Wir mussten immer die Suppe auslöffeln, die uns eingebrockt wurde. Jetzt können wir gezielter agieren. Aus Sicht des Wählers war das dringend nötig. Selbst die CSU hat ja argumentiert, dass man uns kommunal nicht wählen könne, weil wir im Landtag keine Stimme hätten. Nein, bei unseren Landräten und Bürgermeistern gab es großes Aufatmen. Alle sagen: Endlich ist das gelungen, worauf wir 30 Jahre gewartet haben.

Wie stark wollen Sie als Partei werden?

Uns geht es darum, für den Bürger gute Politik zu machen. Wenn es dazu, etwa für ein bundespolitisches Engagement, einmal nötig sein sollte, uns als Partei eintragen lassen, müssen wir das vielleicht auch tun um des Zieles willen. Wir können uns nicht selber im Wege stehen und uns der Verantwortung verweigern.

Erwägen Sie eine stärkere Vernetzung mit Freien Wählern anderer Bundesländer?

Das drängt sich jetzt förmlich auf. Es wird auch erwartet, dass wir nun eine gewisse Vorreiterfunktion einnehmen und anderen Hilfestellung geben.

Fehlt Ihrer Vereinigung nicht jede Erfahrung für eine effektive Landtagsarbeit?

Was ist dann mit einer FDP, die 14 Jahre lang nicht im Landtag war und keinen Bürgermeister oder Landrat hat? Man geht davon aus, dass die große Erfahrung mitbringen, nur weil es irgendwann mal einen FDP-Bundesminister gab. Ich würde mir die Kritik ja bei einer Protestpartei gefallen lassen, die heute auftaucht und morgen verschwindet. Aber dass unsere Substanz ständig hinterfragt wird, bin ich inzwischen leid. Wir brauchen uns nicht zu verstecken hinter anderen.

Was sind denn Ihre wichtigsten Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit der CSU?

Es geht um die Frage, ob man eine neoliberale Politik will, bei der alles verkauft wird, was nicht niet- und nagelfest ist. Wir stehen dagegen für ein bodenständiges und mittelstandsnahes Bayern. Es geht uns nicht darum, sofort die Landesbank zu privatisieren, die Kommunen weiter zu prügeln, die Hausärzte verschwinden zu lassen und die Metropolen aufzublasen. Wir wollen das Gegenteil davon.

Gabriele Pauli würde gerne ins Kabinett. Wäre das für Koalitionsverhandlungen nicht eher ein Hindernis?

Das wird allein die CSU zu beurteilen haben. Und wer weiß, was von dieser Partei übrig bleibt. Vielleicht ist bis zu den Verhandlungen ja auch Beckstein schon weg. Was an neuem Personal nachkommt, hat mit Pauli sicher nicht mehr die Probleme wie die alte Garde. Wenn die Ziele insgesamt passen, wird sich die CSU wegen einer bestimmten Person nicht verweigern.

Sie können sich die CSU-Rebellin als Ministerin vorstellen?

Ich kann ich mir jeden unserer 21 Abgeordneten als Minister vorstellen. Das sind alles hochqualifizierte Leute.

Die Fragen stellte Rainer Woratschka.

Hubert Aiwanger (38), Landwirt mit FH-Diplom, ist seit 2002 bei den Freien Wählern in Bayern und seit 2006 deren Landeschef. Am Sonntag wurde er auch in den Landtag gewählt.

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