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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Zwischen Erdogan und AfD wählen, mit TTIP umgehen und den Tod eines Nationalhelden betrauern.

Merkels Beliebtheit nimmt weiter ab: Warum nutzt ihr der Türkei-Deal nicht?
Weil moralisieren einfacher ist als Interessen zu kalkulieren. Natürlich ist Erdogan ein übler Gesell, baut er doch daheim zielstrebig den anti-demokratischen Staat auf. Wer aber gemerkt hat, wie der ungebremste Zufluss von Migranten die Autoritären in D stärkt, wird in den bitteren Apfel beißen. Und Merkel dankbar dafür sein, dass sie es geschafft hat, anderen die Drecksarbeit zuzuschanzen. Die Kanzlerin hat zwischen zwei Übeln richtig gewählt: zwischen mehr AfD/Pegida und einem hässlichen Helfer, der seine Position auszunutzen versteht.
Obama in Deutschland: Wie kann er die Deutschen für TTIP begeistern?

Nicht so einfach, nachdem so viele glauben, dass sie künftig mit „Chlorhühnchen“ vollgestopft werden. Aber an einem Punkt könnte er die Leute gewinnen, die etwas von der Sache verstehen. Obama könnte versprechen, das „Kauft in Amerika“-Gesetz zu lockern, das die Regierung verpflichtet, heimische Anbieter vorzuziehen. Dagegen ist die EU, sagt sie jedenfalls, viel offener für US- Produzenten. Das Problem geht aber tiefer. Auf beiden Seiten des Atlantiks wächst der Protektionismus – links wie rechts. In Obamas Amtszeit wird TTIP wohl nicht ratifiziert werden.

VW zahlt den Kunden in den USA 5000 Dollar: Ist dies das Ende des Skandals?

Niemand weiß, wann Skandale zu Ende gehen. Einst hatte Volkswagen einen Verlust von knapp sieben Milliarden Euro in die Bilanz eingestellt; jetzt beträgt die Rückstellung 16 Milliarden. Bisher gibt es nur einen außergerichtlichen Deal, der in ungenannter Höhe nicht nur Kunden kompensieren, sondern auch einen Umweltschutzfonds finanzieren soll. Hinzu kommen saftige Bußgelder sowie strafrechtliche Ermittlungen, die sich hinziehen. Andererseits sagt Richter Breyer, er sei „außerordentlich zufrieden“. Es herrsche ein „kräftiges Momentum“, das die Krise beenden könnte. Allerdings läuft das „Momentum“ auch andersherum, nämlich bei König Kunde in den USA. Einer, Peter Haralovich, spricht für viele: „Nach diesem Betrug fällt es mir schwer, wieder einen VW zu kaufen.“
Ein letztes Wort zu Prince...

Selbst Obama rühmte ihn, den „Fürsten“, der mit 57 gestorben ist: „Wenige haben den Sound und den Fortschritt der Popmusik so einzigartig beeinflusst oder mit ihrem Talent so viele Menschen berührt.“ Keiner hat auch so cool und magisch so viele Regeln des Genre gebrochen wie Prince. Purple Rain war der Hit aller Hits. In der Nacht nach seinem Tod hat New York Empire State Building und City Hall (Rathaus) in lila („purple“) Licht getaucht; ähnlich Chicago und andere Städte in Amerika. Prince war nicht nur einer der Größten, sondern offensichtlich auch ein Nationalheld.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Zurzeit lehrt er an der Stanford University. Die Fragen stellte Fabian Leber.

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