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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe über gute "Europayer" und unbeugsame Katholiken.

Griechenland hat Antrag auf Finanzhilfe gestellt. Was wird nun aus der „eisernen Kanzlerin“ Angela Merkel, die die deutschen Steuergelder schützen wollte?

Was mit Gerhard Schröder passiert ist, der sich beschwert hatte, dass in Brüssel deutsches Geld „verbraten“ werde. Deutschland bleibt der gute „Europayer“, und zwar aus Eigeninteresse. Die EU ist unser Markt, der Euro unser Schutzwall gegen die Dauer-Aufwertung, die den gewaltigen Exportüberschuss plattmachen würde. Der Größte im System hat immer das größte Interesse an dessen Stabilität. Deshalb zahlt er mehr als andere. Die Pleite hätte Athen verdient; nur Disneys Panzerknacker haben mehr auf dem Kerbholz. Aber die Weiterungen – siehe Lehman – sind so unberechenbar wie gefährlich.

Bischof Walter Mixa hat seinen Rücktritt angeboten. Ist die Zeit reif für einen Neuanfang in der katholischen Kirche?

Die „Allumfassende“ (deutsch für „katholisch“) hat Schlimmeres überlebt. Zum Beispiel Luther, Calvin und Heinrich VIII. (den mit den vielen Frauen), der sich von Rom lossagte und seine eigene katholische Kirche unter dem Namen „Anglican Church“ gründete. Außerdem hat die Kirche Ärgeres zu verantworten als ein paar Ohrfeigen, wenn man an Ketzerverbrennung und die Inquisition insgesamt denkt. Andererseits ist Unbeugsamkeit ihre Stärke. Hätte sie sich weiland Luther und Co. unterworfen, wäre sie nicht mehr die Una Sancta, ein Fels in unserem Toyota-Zeitalter („Nichts ist unmöglich“). Außerdem sind katholische Kirchen prächtiger als evangelische, von den schmucklosen Synagogen ganz zu schweigen.

Fünf Tage lang war der europäische Luftraum wegen einer Vulkanaschewolke gesperrt. War das richtig?

Wo ist es kälter, draußen oder nachts? Einerseits hält es WmdW mit den Briten. Sie haben jetzt einen Grenzwert für Aschekonzentration festgelegt, der das Flugverbot überflüssig gemacht hätte. Andererseits weiß man es stets hinterher besser, und bei einer unverstandenen Gefahr ist es besser, auf Vorsicht statt auf Gottvertrauen (für Atheisten: auf die Triebwerke von Rolls Royce und Pratt & Whitney) zu wetten. Fünf Tage und 5,8 Millionen Sitzengebliebene waren auch nicht ganz so schlimm. Das Vorsichtsprinzip würden allerdings Hunderttausende von Rindern, die während der BSE-Hysterie gemordet wurden, anders beurteilen.

Ein Wort zur deutschen Afghanistanstrategie …

Mit dem „Partnering“ (an der Seite der Afghanen) beginnt eine neue Kriegsphase: weniger Lager-, mehr „Außendienst“, also offensive Operationen. Hat die Bundeswehr dafür die richtige Taktik und Ausrüstung? Das ist eine Überlebensfrage, welche hoffentlich die besten Köpfe im Verteidigungsministerium rauchen lässt.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mal.

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