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Politik: Visa-Affäre: Volmer beklagt Rufmord

„Das ganze Parlament stand hinter uns“ / Erste TV-Übertragung aus einem Untersuchungsausschuss

Von Hans Monath

Berlin - Im Streit um die rot-grüne VisaPolitik ist der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, mit scharfen Vorwürfen gegen die Opposition in die Offensive gegangen. Vor dem Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages verteidigte der Grünen-Politiker die umstrittene Visa-Reform im Jahr 2000 und warf der Union eine „Diffamierungs- und Rufmordkampagne“ vor. Die von ihm mitinitiierte Liberalisierung der Visa-Politik sei nicht die Ursache gewesen für den exorbitanten Anstieg der Visa-Zahlen an der Botschaft in Kiew und den massenhaften Visa-Missbrauch. „Diese Behauptung ist falsch“, sagte er.

Volmers Aussage am Donnerstag war die erste Zeugenvernehmung eines Bundestags-Untersuchungsausschusses, die live im Fernsehen übertragen wurde. In sachlicher Atmosphäre relativierte der Grünen-Politiker seine eigene Verantwortung für den Erlass vom März 2000. „Ich war einer der Initiatoren“, sagte Volmer. „Ich habe ihn aber nicht geschrieben und nicht verfügt.“ Die bekannte Formel „in dubio pro libertate“ („im Zweifel für die Reisefreiheit“) sei nicht der Kern des Erlasses gewesen. Nach Angaben des Politikers fügte er selbst auch nicht diese Formulierung in den Erlass ein, sondern stellte sie gegenüber Beamten des Auswärtigen Amtes (AA) zunächst sogar infrage. „An der Bearbeitung des Textes selber war ich nicht beteiligt“, sagte er.

An den zwei Vorgängererlassen zu Visa-Fragen vom Herbst 1999, die Außenminister Joschka Fischer inzwischen als Fehlerquelle bezeichnet, sei er nicht beteiligt gewesen, sagte der Ex-Staatsminister. Als Ursache der Probleme in Kiew nannte der Politiker die Reiseschutzpässe und das Reisebüroverfahren, die schon von der Vorgängerregierung eingeführt worden seien. Laut Volmer drängten im Vorfeld der Entscheidung sowohl der Bundestag als auch starke gesellschaftliche Kräfte auf eine Liberalisierung der Visavergabe für humanitäre Fälle und für die Familienzusammenführung und begrüßten auch den Erlass vom März 2000. „Wir konnten davon ausgehen, dass das gesamte Parlament hinter uns steht“ , sagte er. Ziel sei keinesfalls gewesen, „alle Schleusen zu öffnen“. Das Ausmaß der späteren Schleusung habe damals niemand prognostizieren können. Die Thematik habe im AA „als nicht besonders problematisch“ gegolten. Es sei keinesfalls darum gegangen, „Tür und Tor“ zu öffnen, um „grüne Multikulti-Ideologie umzusetzen“. Volmer kritisierte den Ausschussvorsitzenden Hans-Peter Uhl (CSU), der ihn 2004 im Bundestag als „einwanderungspolitischen Triebtäter“ bezeichnet hatte, der auf die Anklagebank gehöre. „Diese Rede war der Beginn einer Diffamierungskampagne gegen mich“, sagte der Zeuge. Es sei verwunderlich, dass Uhl als „schärfster Ankläger“ zum Ausschussvorsitzenden und damit gleichsam zum Richter bestellt worden sei.

Volmers Vernehmung dauerte rund zehn Stunden und ging erst am Abend gegen 20 Uhr zu Ende. Nach ihm wurde der frühere Staatssekretär im AA und heutige UN-Botschafter in New York, Gunter Pleuger, vernommen. Er sagte unter anderem aus, die rot-grüne Visa-Politik sollte die Verfahren für Einreisegenehmigungen „bürgerfreundlicher, moderner und transparenter“ machen. Dabei sei aber keine Änderung des Ausländerrechts beabsichtigt gewesen.

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