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Politik: Völler: Wir kommen ins Finale

Von Hartmut Scherzer Wird Deutschland Weltmeister? Diese Frage an Rudi Völler wäre vor ein paar Wochen allenfalls in einer Satiresendung gestellt worden.

Von Hartmut Scherzer

Wird Deutschland Weltmeister? Diese Frage an Rudi Völler wäre vor ein paar Wochen allenfalls in einer Satiresendung gestellt worden. Harald Schmidt hätte sie nach dem beklagenswerten deutschen Auftritt beim 0:1 in Cardiff gegen Wales vielleicht aufgeworfen und wohl gleich, mehr oder weniger ernst, selbst beantwortet. Aber auf einer Pressekonferenz der deutschen Nationalmannschaft von einem Journalisten gestellt - undenkbar! Der Teamchef hätte sich an die Schläfe getippt und dem dreisten Provokateur zu verstehen gegeben, dass er wohl nicht mehr ganz bei Trost sei. Achtelfinale hieß sein Ziel.

Mittlerweile hat sich die Fußballwelt total verändert. Deutschland tritt am Dienstag im World Cup Stadium von Seoul vor 64 000 Zuschauern gegen Südkorea zum Kampf um den Einzug ins Finale an. Die vor kurzem noch so absurde Frage ist inzwischen durchaus berechtigt. Rudi Völler bewegt auch nicht die Hand wie einen Scheibenwischer vor der Stirn, sondern zupft bedächtig an seinen grauen Haaren. „Ich glaube an die große Chance, ins Endspiel zu kommen. Davon bin ich überzeugt.“ Aber Weltmeister? Da ist Völler immer noch Realist. „Das wäre zu weit gedacht“, sagte der Teamchef in Seogwipo vor dem Aufbruch nach Seoul. „Diesen Traum überlasse ich meinen Spielern."

Aus den Trümmern der EM 2000 hat Rudi Völler das Bauwerk WM 2002 trotz mancher Einstürze und unter hohem Druck in nur zwei Jahren fertiggestellt. Die Bauweise: Der weltbeste Torhüter Oliver Kahn als festes Fundament. Dazu die Turnier-Neulinge Metzelder, Frings, Kehl, Schneider und Klose. Die Verantwortung hat Völler den routinierten Hamann, Linke, Ziege, Jeremies und Ballack übertragen. Zusammengehalten wird das Ganze von einem Teamgeist herbergerscher Prägung. „Sensationell“ findet Rudi Völler, was da entstanden ist und weist die Kritik an der Spielweise seines Teams strikt zurück.

„Ich bin selbst unser größter Kritiker und weiß, dass das keine Leckerbissen waren", sagt Völler, aber: „Man vergisst, mit welchen Erwartungen wir zu dieser WM gefahren sind und was uns zugetraut worden war.“ Dabei hat Völler wie noch kein anderer Teamchef unter Druck gestanden. Zunächst die fast misslungene Qualifikation zur WM, dann der knappe Einzug ins Achtelfinale. Im Spiel gegen Kamerun ging es immerhin darum, das erste Vorrunden-Aus seit der WM 1938 zu verhindern.

Jedesmal wurde dabei auch Völlers Konzept für die DFB-Auswahl debattiert. Doch Diskussionen um Ketten und Konzepte prallen von Völler ab. Systemdebatten sind ihm lästig wie die Pressekonferenzen. „Wir sind flexibel“, sagt Völler und unterbindet damit weitere Nachfragen. Zur Aufstellung sagt er grundsätzlich nichts. Mit seiner natürlichen Autorität hält er den Teamgeist hoch, und auch die unzufriedenen Spieler bleiben bei Laune, weil allen das Gefühl vermittelt: „Jeder wird gebraucht, jeder ist wichtig". Darauf kommt es Rudi Völler an. „Der Trainer hat mit seinen Überlegungen immer Erfolg gehabt und alles richtig gemacht. Die Spieler vertrauen ihm“, sagt Michael Ballack.

Dieser Teamgeist könnte auch gegen die Koreaner den moralischen Ausschlag geben. Taktisch reagiert Völler mit einer Viererkette auf die südkoreanische Spielweise. Mit dieser Abwehrformation will er die Offensivbemühungen Südkoreas im Keim ersticken. Sebastian Kehl und Carsten Ramelow müssen deshalb offenbar mit einem Platz auf der Reservebank vorlieb nehmen, da in der Viererkette mit Torsten Frings, Thomas Linke, Christoph Metzelder und Christian Ziege kein Platz für sie ist.

Immer noch ungewiss ist dagegen der Einsatz von Mittelfeldspieler Dietmar Hamann, der wegen einer Bänderverletzung drei Tage nicht trainieren konnte. Sollte er ausfallen, würde der Münchner Jens Jeremies dessen Rolle im defensiven Mittelfeld übernehmen.

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