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Volker Ludwig. Erfinder der Marke „Die Linke“.

© Rückeis/Spiekermann-Klaass/Schneider

Politik: VOLKER LUDWIG

So richtig links fühlte er sich zum ersten Mal, als er gegen das System in der DDR opponierte. Zunächst war Volker Ludwig in Karl-MarxStadt ein braver Junger Pionier.

So richtig links fühlte er sich zum ersten Mal, als er gegen das System in der DDR opponierte. Zunächst war Volker Ludwig in Karl-MarxStadt ein braver Junger Pionier. In der Pubertät und an der Oberschule verspürte er dann aber die Grenzen, ziemlich schnell sogar, wie der heute 43-Jährige sagt. Und lehnte sich auf. Es war eine Art Flucht, er zog mit 16 zu Hause aus, trieb sich in Clubs herum, hörte experimentelle Musik, ging zu Konzerten von Punk- Bands und lebte in bis dahin leeren Wohnungen. Er verzichtete aufs Studieren, obwohl er begabt war, wurde stattdessen Elektriker. Ludwig kam in Kontakt mit Oppositionellen, in Weimar, später auch im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Treffen fanden in den Räumen der Kirche statt. „Wir haben über die Pfaffen gelästert, die Kirche also genutzt, sie aber auch ausgenutzt.“ Draußen stand oft ein Auto der Stasi. Am Vortag des 7. Oktober 1989 wurde er mit vielen anderen festgenommen – damit er den 40. Republikgeburtstag nicht stört.

Es ist eine komische Geschichte, aber viele Jahre später ist Volker Ludwig bei der SED-Nachfolgepartei gelandet. Umgeben dort von vielen, die dem Staatssozialismus mal die unverbrüchliche Treue geschworen haben und nicht nur wie er eine bessere Gesellschaft wollten. Ganz den Rücken kehren wollte er der DDR nie. „Ich habe immer gedacht: Ich muss bleiben, ich muss bleiben. Eigentlich wurde es immer trostloser und idiotischer zu bleiben.“ Dann wurde seine Heimatstadt umbenannt und sein Land quasi aufgelöst. „Der Traum ist aus“, dachte Ludwig damals, im Herbst 1989 sei für ihn „absolut was verloren gegangen“. Er sagt das fast mit den gleichen Worten wie der von ihm verehrte Punk-Rocker Flake.

Der Weg zur PDS führte über eine Werbeagentur. Nach Wende und Arbeitslosigkeit ließ er sich weiterbilden zum Desktop-Publisher, gründete eine eigene Firma, managte 2002 den Jugendwahlkampf der PDS. 2005, Oskar Lafontaine war gerade wieder an den Start gegangen, kam Ludwigs Stunde: Während Genossen feilschten um eine Parteigründung, erfand er in der Ost-Berliner Werbeagentur den Namen dazu: „Die Linke“. Das vorangestellte „Die“ war ihm wichtig, nur so war es „einfach unverwechselbar“. Der Name habe „in der Luft“ gelegen, sagt er bescheiden.

Familienvater, zwei kleine Kinder, Naturlöckchen, Pulli mit V-Ausschnitt – Ludwig fühlt sich als Linker, aber er ist kein Revolutionär. 2007 trat er in die Linkspartei ein, sein Verhältnis zu ihr ist pragmatisch. Er habe, meint er, eine Markensicht, keine ideologische. Dass längst nicht jeder die Partei toll findet, münzt Volker Ludwig um zum persönlichen Vorteil: „Das Schöne ist, dass man bei den Outlaws ist.“ Bei den Gesetzlosen also. Das ist ein bisschen wie sein DDR-Leben. Matthias Meisner

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