zum Hauptinhalt
Ägyptens Vizepräsident Mekki tritt zurück.

© Reuters

Volksabstimmung: Ägyptens Vizepräsident tritt während Referendums zurück

Ausgerechnet in der Schlussphase der Volksabstimmung über die neue ägyptische Verfassung tritt Ägyptens Vize-Präsident zurück. Auch in der zweiten Runde des Referendums gibt es Berichte über Manipulationen.

In einer Atmosphäre schwerer politischer Spannungen hat am Samstag der entscheidende Durchgang der Volksabstimmung über die neue ägyptische Verfassung stattgefunden. Vize-Präsident Mahmud Mekki erklärte seinen Rücktritt. Spekulationen gibt es auch um einen möglichen Rücktritt des Zentralbankchefs Faruk al-Okda. Wegen des großen Andrangs wurde die Öffnung der Wahllokale um vier Stunden bis 23 Uhr Ortszeit (22 Uhr MEZ) verlängert. Nachdem beim ersten Durchgang des Verfassungsreferendums die Zustimmung nach offiziellen Angaben rund 57 Prozent erreichte, wurde in Kairo von vielen mit der Annahme der Verfassung gerechnet. Die Verfassung ist zwischen den Islamisten und laizistischen Kräften äußerst umstritten.

Vor einer Woche war zunächst in zehn der 27 Provinzen abgestimmt worden. Am Samstag nun entschieden die Bürger in den übrigen 17 Provinzen. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren insgesamt 51 Millionen Ägypter. Die Wahlkommission kündigte an, die Auszählungsergebnisse „zwei Tage nach dem Ende der Abstimmung“ bekanntzugeben.

Am Samstag wurde zunächst der Rücktritt von Vizepräsident Mekki bekannt. Die politische Arbeit passe nicht zu seiner Ausbildung als Richter, erklärte Mekki. Er setzte sich stets für die Unabhängigkeit der Justiz ein. Der islamistische Präsident Mohammed Mursi hatte den angesehenen Richter im August zu seinem Stellvertreter ernannt. Unter dem langjährigen Staatschef Husni Mubarak, der im Februar 2011 gestürzt worden war, gab es die längste Zeit keinen Vizepräsidenten. Auch in der neuen Verfassung ist das Amt nicht vorgesehen.

Abgestimmt wurde am Samstag unter anderem entlang des Suez-Kanals, in Luxor und Gizeh. Die Aufteilung des Votums in zwei Wahlrunden hing mit der Weigerung zahlreicher Richter zusammen, den Urnengang zu beaufsichtigen. Sie hatten Präsident Mursi vorgeworfen, die Unabhängigkeit der Justiz zu beeinträchtigen.

Die Opposition kritisiert, dass die vielfach vagen Bestimmungen des Verfassungstextes die Bürgerrechte nicht ausreichend garantieren und einer weiteren Islamisierung der Gesetzgebung den Weg bereiten. Mursi und seine Anhänger wollen erreichen, dass mit der Verabschiedung die Übergangsphase seit dem Sturz von Ex-Staatschef Husni Mubarak 2011 beendet wird.

Bei Protesten von Gegnern des Entwurfs gab es wiederholt gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen Anfang Dezember acht Menschen getötet wurden. Am Freitag wurden in Alexandria mehr als 30 Menschen verletzt. Sollte der Verfassungsentwurf eine Mehrheit finden, sollen binnen zwei Monaten Parlamentswahlen stattfinden. Der ägyptische Friedensnobelpreisträger und Oppositionspolitiker Mohammed ElBaradei warnte in einer Videobotschaft, das Land stehe „am Rande des Zusammenbruchs“.

Auch in der zweiten Runde des Referendums war von Einschüchterungen die Rede: Die revolutionäre Jugendbewegung 6. April, die eigene Beobachter in verschiedene Städte entsandt hatte, beklagte, dass fünf ihrer Mitglieder festgenommen worden seien. In Giseh auf der anderen Nilseite von Kairo seien Aktivisten abgeführt worden, weil sie die vorzeitige Schließung eines Wahllokals angeprangert hätten. Die Gruppe kritisierte, dass in mehreren Regionen Islamisten die Wähler genötigt hätten, mit Ja zu stimmen. In der nördlichen Stadt Damietta sei dafür sogar Geld geboten worden.

Die ägyptische Zeitung „Al-Ahram“ berichtete von ähnlichen Vorfällen. So habe in der Provinz Menufija ein Richter seine Wahlhelfer entlassen, weil diese versucht hätten, Wähler zum Ja zu überreden. Rund 30 Prozent der Ägypter sind Analphabeten, die bei der Abstimmung auf Hilfe angewiesen sind. In einigen Wahllokalen sei die Stimmabgabe extrem verzögert worden, da nicht genügend Richter anwesend gewesen seien.
Offizielle Ergebnisse sollen frühestens am Sonntag bekanntgegeben werden. Wird der Verfassungsentwurf angenommen, muss innerhalb von zwei Monaten ein neues Parlament gewählt werden. In der zweiten Runde werden mehr Ja-Stimmen als beim Auftakt erwartet, da vor allem in konservativen ländlichen Provinzen gewählt wird. (AFP/dpa)

Zur Startseite