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Es regt sich Kritik an den Zielen der Ecopop-Bewegung.

© dpa

Volksabstimmung in der Schweiz: Ökologen und Linke gegen Ausländer

Radikale Umweltschützer und Linke in der Schweiz nehmen die Ausländer ins Visier. Sie wollen die Einwanderung in die Schweiz drosseln und Steuervorteile für reiche Ausländer abschaffen. Am Sonntag stimmen die Eidgenossen ab.

Zwei Volksabstimmungen am Sonntag in der Schweiz machen deutlich, wie sehr inzwischen auch Umweltschützer und Linke Ausländer ins Visier nehmen. Da ist zum einen die Schweizer Volksinitiative „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“. Diese Ökologen verfolgen radikale Pläne: Die Eidgenossen sollen die Netto-Zuwanderung (Einwanderung minus Auswanderung) in Zukunft auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung drosseln.

Es gibt am Sonntag eine weitere Abstimmung über eine Forderung von Linken und Gewerkschaften, Steuervergünstigungen für reiche Ausländer abzuschaffen. Diese Initiative richtet sich gegen Prominente wie Michael Schumacher, aber auch beispielsweise gegen russische Millionäre, die mit den Kantonen günstige Steuersätze aushandeln.

Am Sonntag (30.11.) werden die Schweizer darüber abstimmen. Hinter der Zuwanderungsinitiative steht die radikale Umweltschutzbewegung Écologie et Population (Umweltschutz und Bevölkerung, kurz: Ecopop). Falls eine Mehrheit die Ecopop-Vorstellungen gutheißt, dann würde Helvetien zu den Ländern mit den härtesten Einwanderungsregeln in Europa gehören.

Kritik an den "Birkenstockrassisten"

Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, macht mit allen Mitteln gegen das Projekt mobil. „Ein Ja zu dieser Initiative hätte deutliche und sehr negative Auswirkungen für die Schweiz“, warnt Innenminister Alain Berset, ein Sozialdemokrat. Das ohnehin angespannte Verhältnis zur EU werde irreparabel beschädigt. Berset: „Ecopop ist ein gefährlicher und populistischer Egotrip.“ Andere Gegner beschimpfen die Initianten gar als „Birkenstockrassisten“ oder als Personen mit einer „Herrenmenschenmentalität“.

Viel Unterstützung von anderen Parteien

Doch in ihrem Kampf gegen die Migranten sind die Öko-Fundamentalisten nicht allein: Die rechtsnationale „Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz“ verfolgt dieselben Ziele: Mit großer Mehrheit sprachen sich die Auns-Mitglieder für eine Unterstützung der Ecopop-Volksinitiative aus. Schon seit Jahren trommelt die Auns für eine Abschottung der Schweiz – selbst der Beitritt Helvetiens zu den Vereinten Nationen stieß auf ihren erbitterten Widerstand. Auch bei der erzkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) findet die Initiative "Stopp der Überbevölkerung" viel Zuspruch. Zwar lehnt die SVP-Parteileitung den Ecopop-Plan ab, man will sich von den Umweltschützern nicht rechts überholen lassen. Laut einer Umfrage aber plant eine Mehrheit der SVP-Anhänger, am Sonntag für Ecopop zu stimmen. Eine Reihe von kantonalen SVP-Verbänden ruft offen zur Unterstützung der Initiative auf.

Rechte und Grüne vereinen dieselben Ängste

Die stramm Rechten und die Umweltschützer liegen nicht nur ideologisch auf derselben Linie, sie verwenden auch fast die gleiche Sprache. Benno Büeler von der Ecopop-Initiative umschreibt die Folgen der
„Überbevölkerung“ so: „Zugebaute Natur, Staus, überfüllte Züge, steigende Mieten, überlastete Sozialwerke.“ Die SVP malte Anfang des Jahres als Folge der „Masseneinwanderung“ folgendes Szenario:„Zunehmende Arbeitslosigkeit, überfüllte Züge, verstopfte Straßen, steigende Mieten, Verlust von wertvollem Kulturland durch Verbauung der Landschaft, Lohndruck, Ausländerkriminalität."
Wie aber konnte es zu dem Schulterschluss zwischen den Umweltaktivisten und den National-Gesinnten kommen? Der frühere Bundespräsident Adolf Ogi, der als aktiver Politiker dem kleinen, moderaten Flügel der SVP angehörte, macht den Anti-Ausländer-Kurs des SVP-Übervaters Christoph Blocher direkt verantwortlich. „Er wird die Geister nicht mehr los, die er gerufen hat“, sagt Ogi. Blocher sei wie ein „Kutscher, „der seine Pferde nicht mehr im Griff hat“.

"Die Schweiz den Schweizern"

Tatsächlich schürt der Milliardär Blocher seit Jahren die Angst vor den Fremden. Die Schweiz gehöre den Schweizern, schärft der Volkstribun seinen Anhängern ein. Mit rabiater Rhetorik und viel Geld formte
Blocher die isolationistische SVP zur stärksten Partei des Landes. Blochers größter Erfolg: Eine Mehrheit der Schweizer stimmte im Februar für seine Initiative gegen die Masseneinwanderung. Als Folge muss die Eidgenossenschaft wieder Kontingente für Migranten einführen. Die Ecopop-Forderungen zur Einwanderung aber gehen noch weit über das SVP-Konzept hinaus. Blocher selbst ist gegen die Ecopop-Initiative. Doch er hält sich in diesen Tagen merkwürdig bedeckt – im Abstimmungskampf ist so gut wie nichts von ihm zu hören.

Jan Dirk Herbermann

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