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Politik: Vollendete Tatsachen

Speicherung von Telefon- und Internetdaten ist beschlossen – Europaparlament stimmt über das Wie ab

Dass künftig die Telefon- und Internetverbindungen jedes einzelnen der 450 Millionen EU-Bürger überwacht werden, ist beschlossene Sache. Schon vor dem Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs Ende dieser Woche in Brüssel, die das lange umstrittene Vorhaben zur Terrorabwehr und Verbrechensbekämpfung formal absegnen wollen. Nur noch das Wie und das Wie-lange stehen zur Debatte. Im Europaparlament in Straßburg, das die Regierungschefs nach vehementer Kritik der Parlamentarier zur Mitentscheidung eingebunden haben, ringen seit Dienstag die Abgeordneten um einen Beschluss. Am heutigen Mittwoch soll, noch rechtzeitig vor dem Gipfel, abgestimmt werden.

Zur Wahl stehen im Wesentlichen zwei Alternativen. Ein Entwurf der EU-Kommission, der auf dem Ratsvorschlag basiert und für den überraschend jetzt die Fraktionen von Sozialisten und Europäischen Volksparteien votieren wollen. Und ein milderer Entwurf des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten. Bis vor kurzem hatten dabei auch Sozialisten und Konservative den Ausschuss-Entwurf mitgetragen.

Nach dem Willen der europäischen Regierungen müssen Netzbetreiber künftig sämtliche anfallenden Standort- und Verbindungsdaten bei Festnetztelefonaten, Handyverbindungen, von E-Mails, von SMS und von Internettelefonaten speichern, nicht aber den Inhalt der Kommunikation. Die Speicherfrist beträgt mindestens sechs und höchstens 24 Monate, in Ausnahmefällen kann länger gespeichert werden. Auch ohne jeglichen Verdacht würden danach künftig von jedem Bürger potenzielle Bewegungsbilder (über die Handydaten, die ja jeden Standort, an dem sich ein Handy einloggt, beinhalten) und Skizzen der Sozialkontakte bis zu zwei Jahre vorrätig gehalten.

Abgerufen werden dürfen diese Informationen nur beim Verdacht auf schwere Straftaten durch die nationalen Sicherheitsbehörden. Die Definition allerdings obliegt den einzelnen Staaten. Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten der EU werden sich deshalb nicht nur bei der Speicherfrist, sondern auch bei den Zugriffsrechten ergeben. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat für Deutschland eine Frist von sechs Monaten in Aussicht gestellt. Der Berichterstatter des Ausschusses, der deutsche Liberale Alexander Alvaro, macht sich für eine Speicherung zwischen sechs und zwölf Monaten für alle Daten stark.

Der britische Innenminister Charles Clarke sprach im Parlament von einem „klaren Signal an die Bürger der Europäischen Union, im Hinblick auf unsere Fähigkeiten, Terrorismus und schwerste Kriminalität zu bekämpfen“. Justizkommissar Franco Frattini betonte in der Debatte vor allem die europäische Kooperation: „Der Konsens zeigt den Bürgern, dass wir, die drei großen europäischen Institutionen (Europaparlament, EU- Kommission und der Ministerrat) zusammenarbeiten können.“

Als Verlierer der geplanten Speicherung sehen sich die Netzbetreiber. Denn die Kosten der Speicherung, die in dreistelliger Millionenhöhe liegen werden, sollen den Netzbetreibern nicht erstattet werden.

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