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Politik: Vom Chaos zum Wettbewerb?

Auch in den kleinen Bundesländern gibt es Stimmen, die eine ehrgeizigere Föderalismusreform wünschen

Berlin - Es ist schon eine lustige Sache mit dem deutschen Bundesstaat – siehe die Debatte zum Rauchverbot in Restaurants und Kneipen. Obwohl die Länder das wegen der Zuständigkeit für das Gaststättenrecht relativ problemlos und noch dazu flexibel regeln könnten – also mit Ausnahmen für die klassische Eckkneipe etwa –, wollten einige Dutzend Bundestagsabgeordnete es partout zentral entscheiden. Und zwar über die Arbeitsstättenverordnung, die freilich wenig Spielraum lässt. Einige Minister äußerten bald Bedenken, im Bundestag fand sich bislang auch noch keine Mehrheit, also lautete nach einigem Hin und Her der Beschluss, dass die Sache doch an die Länder muss. Die aber sollten das doch, bitteschön, ganz einheitlich regeln. Natürlich gab es einige Ministerpräsidenten, wie etwa Kurt Beck von der SPD, die sich dem Wunsch aus Berlin nicht verschließen mochten. Andere meinten zwar, dass man das Thema den Landesparlamenten überlassen könnte, aber nun gut: Man setzte eine Arbeitsgruppe ein, in der sich Beamte aller Länder vereinigen und darüber reden, wie man das Rauchen in deutschen Kneipen unter Ausschaltung der Landtage 16-fach einheitlich regeln kann. Das System nennt sich „kooperativer Föderalismus“. Es hat im Fall des Rauchverbots dazu geführt, dass sich seit dem Sommer nichts tut und dass sich bis zum nächsten Sommer nichts tun wird. Am Föderalismus an sich liegt das nicht, sondern daran, wie man ihn in Deutschland ganz kooperativ zum Erliegen gebracht hat.

Ein gutes Omen für die zweite Runde der Föderalismusreform, in der es um die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern geht, also um ein etwas diffizileres Thema als das Rauchen in Kneipen? Diese Finanzrunde hat gerade begonnen, findet vorerst aber in getrennter Formation statt. Erst im Frühsommer wollen sich Bund und Länder ernsthaft zusammensetzen, bis dahin versuchen die Länder, ihre Differenzen einigermaßen zu bereinigen. Dass das bisherige System reformbedürftig ist, sehen eigentlich alle. Bislang aber saßen sich arme und reiche Länder verstockt gegenüber. Damit könnte bald Schluss sein, weil aus den kleinen Ländern erstmals Signale kommen, man könnte den kooperativen Föderalismus vielleicht doch ein bisschen aufgeben und mehr von dessen Gegenteil, dem Wettbewerbsföderalismus, einführen, was die stärkeren Länder schon lange fordern.

Jedenfalls hat sich der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) in diesem Sinne geäußert, und auch der Magdeburger Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) findet zu mutigen Worten: „Die wichtigsten Themen der Reform sind die Neuverteilung der horizontalen und vertikalen Finanzströme, die Schaffung von mehr Wettbewerbsföderalismus und die Klärung der Frage, welche Steuerkompetenzen Bund und Länder in Zukunft haben sollen.“ Sein Stuttgarter Kollege Gerhard Stratthaus (CDU) klingt da nicht anders. Und Bullerjahns kleiner Katalog von Hauptanliegen findet sich auch bei der FDP, die sich gerne als vorwärtsdrängende Kraft in Sachen Föderalismusreform gibt. Ernst Burgbacher, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und liberaler Föderalismusfachmann, fordert die Abschaffung des Finanzausgleichs unter den Ländern und eine größere Steuerautonomie für die Länder. Es könnte also doch um mehr gehen als nur um einige Maßnahmen gegen Überschuldung, die sich bislang schon als Minimalkonsens abzeichnen, aber keine wesentliche Reform bedeuten würden. Bullerjahn jedenfalls meint: „Es wird auf Dauer nicht funktionieren, die Dinge, so wie sie sind, weiter laufen zu lassen.“ mit dpa

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