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Politik: Vom Hoffnungsträger zum Finsterling

Kasachstans Präsident Nasarbajew galt am Sonntag als klarer Wahlfavorit – Kritik von der OSZE gab es aber schon im Vorfeld

Demonstrationen sind erst einmal verboten, die Grenze zu Kirgisien bis zum 8. Dezember geschlossen und die Truppen des Komitees für Nationale Sicherheit seit Mitte November in erhöhter Alarmbereitschaft. Schon vor der Präsidentschaftswahl, die am Sonntag stattfand, befand sich die ölreiche Ex-Sowjetrepublik Kasachstan im Ausnahmezustand.

Opposition und Regierung treiben vier Umsturzversuche um: erfolgreiche wie in Georgien, der Ukraine und bei den direkten Nachbarn in Kirgisien, und ein missglückter in Aserbaidschan. Für Präsident Nursultan Nasarbajew und dessen vier Herausforderer Grund genug, die Machtfrage notfalls mit Gewalt zu stellen. Nach der „Revolution der Tulpen“ in Kirgisien Ende März gründeten drei regierungsnahe Parteien eine „Volksfront“, um „mit der Waffe in der Hand die Demokratie“ zu schützen, beziehungsweise das, was der 65-jährige Nasarbajew darunter versteht. Mehrfach ließ er sich die Macht durch Tricks verlängern und regiert das riesige Land, etwa neunmal so groß wie Deutschland, seit sechzehn Jahren mehr oder minder autoritär.

Bei der Wahl am Sonntag wurde er mit deutlicher Mehrheit bestätigt. Nachwahlbefragungen zufolge erhielt er mehr als 80 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung habe 75,52 Prozent betragen, teilte die zentrale Wahlkommission mit. Allerdings hatten OSZE- Beobachter die Bedingungen für eine freie und faire Wahl als nicht gegeben bezeichnet. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa verfolgt auch deshalb die Abstimmung genau, weil Kasachstan 2009 deren Vorsitz übernehmen will.

Nach der Unabhängigkeit 1991 war Nasarbajew vom Westen als Hoffnungsträger bejubelt worden, doch er mauserte sich vom „lichten Herrn der weltlichen Gewalt“, wie sich sein Vorname übersetzt, zum Finsterling, der eher auf das Erfolgsmodell Chinas setzt. Die Wirtschaft wächst jährlich zwar um 15 Prozent. Doch hinter der Glitzerfassade der neuen Hauptstadt Astana hockt das Elend. Die Masse der 15 Millionen Kasachen hat nichts vom Reichtum, den der Ölboom auf dem Weltmarkt in die Staatskasse spült. Die Erlöse teilt der Nasarbajew- Clan unter sich auf. Diese Verteilungskämpfe spalteten früh die Eliten, deshalb besteht die Opposition fast nur aus enttäuschten Anhängern Nasarbajews und hat wenig Rückhalt beim Volk.

Dazu kommt, dass der Präsident seine Macht dazu nutzte, Oppositionsparteien und unabhängige Medien auszubremsen. Noch vor kurzem hatte die pro-amerikanische Opposition auf einen Machtwechsel wie in Kirgisien gehofft. Plakate mit Losungen „Man hat uns den Sieg geklaut“ wurden offenbar schon im Sommer verteilt. Inzwischen aber kündigte Usbekistan den USA die Luftwaffenbasis auf, Kirgisien plant Ähnliches und ist durch den Umsturz destabilisiert. Um militärisch in der Region präsent zu bleiben, setzt Washington auf Kasachstan und Nasarbajew. Als treuester Verbündeter Moskaus bei Bemühungen um wirtschaftliche Reintegration der Ex-Sowjetrepubliken ist er auch für den Kreml das geringste Übel.

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