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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag.

© dpa

Vor dem EU-Gipfel: Merkel bleibt gegenüber Russland hart

Beim EU-Gipfel in Brüssel geht es auch um die Ukraine-Krise. Vor dem Spitzentreffen spricht sich Kanzlerin Angela Merkel dafür aus, an den Sanktionen gegen Moskau bis auf Weiteres festzuhalten.

Vor dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag dafür ausgesprochen, bis auf Weiteres an den Sanktionen gegen Russland festzuhalten. Die Sanktionen müssten so lange bestehen bleiben, wie Moskau in der Ukraine-Krise europäische Werte missachte, sagte die Kanzlerin. Beim Gipfel in Brüssel wollen sich die Staats- und Regierungschefs neben dem Investitionspaket von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker auch mit der Lage in der Ukraine und in Russland befassen. Nach Angaben von EU-Diplomaten will die EU ab Freitag die Verbote von Investitionen auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ausweiten.

Grüne fordern milliardenschwere Beteiligung Deutschlands am EU-Investitionspaket

Mit Blick auf Junckers 315-Milliarden-Wachstumspaket forderte Merkel Investitionen in die Digitalwirtschaft, kleine und mittlere Unternehmen, den Energiebereich und „gegebenenfalls“ die Elektromobilität. Die Auswahl der entsprechenden Investitionsprojekte dürfe nicht von der Politik getroffen werde, „obwohl sie offensichtlich ein Interesse daran hat“.

Zu Beginn des Monats hatten allerdings Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron angekündigt, sie würden zum EU-Gipfel gemeinsame Investitionsprojekte – unter anderem in der Digitalwirtschaft – vorstellen. Am Mittwoch hieß es allerdings aus Regierungskreisen lediglich, die Arbeiten an den deutsch-französischen Leuchtturm-Projekten seien in den jeweiligen Ministerien auf beiden Seiten des Rheins weit fortgeschritten.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach sich wie die Kanzlerin dafür aus, dass im Rahmen von Junckers Investitionsprogramm in erster Linie privates Kapital mobilisiert werden müsse. „Durch das Hineinschütten von Milliarden-Steuergeldern“ entstehe kein Wachstum, sagte Kauder.

Dagegen forderte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt, Deutschland solle sich mit einem Betrag in Höhe von zwölf Milliarden Euro am Investitionspaket beteiligen. Für den seit November amtierenden Kommissionschef Juncker hatte Göring-Eckardt sowohl Tadel als auch Lob parat. Die von Juncker geplante Überarbeitung europäischer Gesetzesvorschläge zur Luftreinhaltung und zum Abfall-Recycling bezeichnete sie als „Bankrotterklärung für die Umweltpolitik in Europa“. Das Investitionspaket des ehemaligen Luxemburger Ministerpräsidenten ist nach den Worten der Grünen-Fraktionschefin hingegen eine „Vision für ein gemeinsames Europa“.

Oppermann: Deutsch-französische Achse darf nicht zerbrechen

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bezeichnete das Investitionspaket als einen wichtigen Wachstumsimpuls. Gleichzeitig wies er auf die Reformanstrengungen in Italien und Frankreich hin: Während Italiens Regierungschef Matteo Renzi eine Reform des Arbeitsmarkts gelungen sei, habe Frankreich einen „großen Schritt zu einer schlankeren Verwaltung geschafft“. „Wir dürften es nicht zulassen, dass Europa gespalten wird und dass die deutsch-französische Achse zerbricht“, erklärte der SPD-Fraktionschef. Gleichzeitig warnte er davor, der Konjunkturflaute in vielen Ländern der Euro-Zone allein mit dem Mittel der Haushaltskonsolidierung begegnen zu wollen: „Durch Sparen allein gelingt noch keine Wende zu mehr Wachstum.“

Gysi schlägt in Debatte über "Pegida" selbstkritische Töne an

Intensiv wurde im Bundestag der Umgang mit der Anti-Islam-Bewegung „Pegida“ diskutiert. Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, schlug selbstkritische Töne an, als er eine parteiübergreifende Aufklärungskampagne über den Islam forderte: „Wir alle, auch mich eingeschlossen, haben versagt.“ Gysi verlangte, dass die Politik künftig stärker die Unterschiede zwischen dem „furchtbaren“ Islamischen Staat und der ganz überwiegenden friedlichen Mehrheit der Muslime herausarbeiten müsse.

Göring-Eckardt warf den Regierungskoalitionen vor, die Augen vor populistischen Bewegungen wie „Pro NRW“ oder „Pegida“ zu verschließen. Angesichts des anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien und der fortgesetzten Flucht vieler Menschen aus der Region sagte sie: „Diese Menschen gehören hier her, sie werden hier bleiben.“

Oppermann erklärte, dass Deutschland eine humanitäre Verpflichtungen gegenüber Menschen habe, „die mit knapper Not ihr Leben und das Leben ihrer Kinder gerettet haben“. Zudem habe Deutschland ein handfestes Interesse an Einwanderung: Ohne die Arbeitnehmer, die in den letzten Jahren aus den EU-Ländern gekommen seien, würde es keine Überschüsse in den Sozialkassen geben. „Wir brauchen gut ausgebildete Einwanderer“, sagte Oppermann und verlangte gleichzeitig eine „Willkommenskultur“ in Deutschland. „Das zu erklären, ist die Aufgabe der gesamten Bundesregierung und des gesamten Bundestages“, sagte er. Er fügte hinzu: „Wir dürften nicht zulassen, dass ’Pegida’ das Feindbild des Islamischen Staates auf die Flüchtlinge überträgt.“

Kauder gegen ausufernde "Pegida"-Diskussion

Ganz einig scheint sich die Regierungskoalition über den Umgang mit der „Pegida“-Bewegung indes nicht zu sein. Als Oppermann sagte, dass die „Pegida“-Demonstrationen in den Medien sehr viel Aufmerksamkeit bekämen, rief Kauder dazwischen: „Viel zu viel, auch hier jetzt.“

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