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Politik: Vor den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag - die SPD spricht nur noch vom Aufholen, die CDU ist in den Umfragen vorn

Jürgen Rüttgers hielt sich zurück. Er ließ seinen Generalsekretär Herbert Reul verkünden, dass die "tollen Ergebnisse" der CDU bei den Landtagswahlen auch der nordrhein-westfälischen CDU einen zusätzlichen Schub für die Kommunalwahlen am kommenden Sonntag verleihen.

Jürgen Rüttgers hielt sich zurück. Er ließ seinen Generalsekretär Herbert Reul verkünden, dass die "tollen Ergebnisse" der CDU bei den Landtagswahlen auch der nordrhein-westfälischen CDU einen zusätzlichen Schub für die Kommunalwahlen am kommenden Sonntag verleihen. "Die Wechselstimmung in Nordrhein-Westfalen ist so groß wie seit langem nicht mehr", tönte Reul am Tag nach dem Urnengang im Saarland und in Brandenburg und beschwor seine Parteifreunde, bis zum Wochenende hart zu arbeiten. "Wir wollen stärkste Partei werden", gab Jürgen Rüttgers als Parole aus, aber nicht nur zwischen den Zeilen warnte der neue Landesvorsitzende seine Unionisten vor Übermut: "Ich sage meinen Leuten bei aller Erfolgserwartung jeden Tag: Wolke 7 ist zu weit weg."

Rüttgers weiß, dass mit Umfragewerten in erster Linie Politik gemacht wird. Am Wochenende hatten die Bielefelder Demoskopen von Emnid Rüttgers auch auf Landesebene einen leichten Vorsprung attestiert, sie sehen die CDU mit 43 Prozent vor der SPD, die danach nur noch auf 42 Prozent käme. Doch so ganz traut der einstige Zukunftsminister diesen Zahlen nicht, denn bei der Kommunalwahl ist das Rennen noch nicht gelaufen, und am Ende könnte die CDU das Opfer ihrer eigenen hohen Erwartungen werden. In Köln, Dortmund, Münster und Bielefeld wollen sie die Rathäuser erobern oder zurückholen. Aber seit zwei Wochen scheint sich die Stimmung zumindest im Ruhrgebiet wieder zu drehen, die Genossen mobilisieren ihre wählmüden Anhänger mit den allzu guten Umfragewerten der Union. "Wir holen auf", hatte Ministerpräsident Wolfgang Clement als Parole ausgegeben, und seine Botschaften sind auf fruchtbareren Boden gefallen, als er es vermutlich selbst geglaubt hatte. Der blasse SPD-Kandidat in Dortmund liegt zum Beispiel plötzlich Kopf an Kopf mit dem CDU-Herausforderer, der den Wahlsieg schon sicher in Händen zu halten glaubte.

Wolfgang Clement haben die zahlreichen Affären und Skandale zwischen Köln und Dortmund zunächst arg zugesetzt, aber nach einer kurzen Phase der Sprachlosigkeit zwischen ihm und Landesparteichef Franz Müntefering hat man sich auf eine neue Offensive verständigt. "Wichtig ist für alle Politiker, menschlichen Anstand zu bewahren", hämmert Clement seither auf allen Veranstaltungen, "wer dagegen verstößt, hat kein Recht auf ein Mandat." Während diese Botschaft beim Wahlvolk gut ankommt, wird hinter den Kulissen darüber diskutiert, warum die Parteispitze sowohl in Köln wie in Dortmund erst so spät eingegriffen hat. In der zweiten Reihe fragt der eine oder andere, ob Müntefering angesichts seiner Bundesambitionen nicht zu wenig präsent im größten Landesverband ist. Immerhin hatte Müntefering fast eine Woche gebraucht, um den Kölnern deutlich zu machen, dass sie ihren Kandidaten Heugel wegen der Aktien-Affäre zurückziehen müssen, weil der Schaden auch außerhalb der Domstadt unkalkulierbar groß wurde. Als jetzt am Wochenende zielgerichtete Spekulationen auftauchten, Clement selbst könne Ambitionen haben, Müntefering im Amt des Landesvorsitzenden abzulösen, sorgte Clement für klare Verhältnisse. "Nein, die Frage stellt sich jetzt nicht", sagte Clement öffentlich.

Mit Müntefering hat er sich intern verständigt. Der Parteichef kann entscheiden, ob er den größten Bundesverband auch als SPD-Generalsekretär weiter führt. Müntefering selbst sieht keinen Anlass vor Ablauf seiner Amtszeit im Juni kommenden Jahres auf die Düsseldorfer Hausmacht zu verzichten. Clement bedrängt ihn dabei nicht, zumal er längst die Vorteile der politischen Arbeitsteilung erkannt hat. Während Clement als Ministerpräsident weiter für Schröders Erneuerungskurs werben kann, sichert Müntefering die emotionale Bindung an die Partei. Wie lange diese Absprache gelten soll, ist freilich offen, deshalb hat Clement ausdrücklich gesagt, dass sich die Frage "jetzt nicht" stellt. Nach der Landtagswahl im kommenden Mai wird er mit Müntefering die Frage neu diskutieren - mit welchem Ausgang hängt entscheidend davon ab, ob er Jürgen Rüttgers schlägt.

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