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Vor der UN-Vollversammlung: Abbas will Beobachterstatus für Palästina

Am 29. November will Präsident Mahmud Abbas in der UN-Vollversammlung den Beobachterstatus für Palästina beantragen. Wie erfolgversprechend ist der Vorstoß?

Es könnte ein ganz besonderer, emotionaler, aber vor allem kontroverser Tag werden – für die Vereinten Nationen, die USA, die Europäische Union, Deutschland, Israel und nicht zuletzt für die Palästinenser. Am 29. November will deren Präsident in der UN-Vollversammlung einen Antrag einbringen, der es politischdiplomatisch in sich hat: Mahmud Abbas wird für Palästina den Status eines Beobachterstaats beantragen. Durch den aktuellen Gaza-Konflikt gewinnt das Unterfangen zusätzlich an Brisanz.

Dass dieser Vorstoß am 29. November erfolgt, ist wohl alles andere als ein Zufall. An diesem Datum feiern die UN jedes Jahr den „Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk“. Dieser erinnert daran, dass die Weltorganisation 1947 entschieden hatte, aus dem britischen Mandatsgebiet einen jüdischen und einen arabischen Staat zu machen. Den einen gibt es schon lange, der andere lässt weiter auf sich warten. Sehr zum Verdruss der Palästinenser. Jetzt unternimmt Abbas einen neuen Versuch, den Status seines Volkes öffentlichkeitswirksam aufzuwerten – auch gegen erklärten, heftigen Widerstand.

Denn sowohl die USA als auch Israel haben dem Plan bereits mehrfach eine klare Absage erteilt. Erst vor wenigen Tagen hatte Präsident Barack Obama sich bemüht, Abbas noch umzustimmen. Vergeblich. Kurz nach dem Telefonat teilten die Palästinenser unmissverständlich mit, der Zug sei abgefahren. Das werden Washington und Jerusalem nicht gern gehört haben. Beide sind fest davon überzeugt, dass die Anerkennung Palästinas als souveräner Staat nur im Zuge von bilateralen Friedensgesprächen erreicht werden kann. Einseitige Initiativen halten sie für grundfalsch. Vor allem Israels Regierung gibt sich kompromisslos und fährt schweres rhetorisches Geschütz auf: Sollte Abbas mit seinem „sehr gefährlichen Schritt“ Ernst machen, würde man bestehende Friedensabkommen wie das von Oslo zumindest teilweise aufkündigen und Gebiete im Westjordanland annektieren. Die Palästinenser wiederum glauben schon lange nicht mehr an eine Verhandlungslösung mit Israel, schon gar nicht mit einem Premier namens Benjamin Netanjahu. Der schaffe nicht nur durch den Ausbau jüdischer Siedlungen Fakten, sondern fahre zudem eindeutig einen kriegerischen Kurs, heißt es. Also setzt Abbas auf die internationale Karte, um die ersehnte Staatlichkeit auf Umwegen zu erreichen. Jerusalem sieht darin einen gezielten Affront.

Dennoch wird Abbas’ Wunsch womöglich in Erfüllung gehen. Denn über den Beobachterstatus, wie ihn der Vatikan innehat, entscheidet – anders als bei einer Vollmitgliedschaft – nicht der Sicherheitsrat, sondern die Vollversammlung. Beobachter gehen davon aus, dass der Antrag dort die notwendige einfache Mehrheit finden wird. Das liegt nicht nur daran, dass viele afrikanische, südamerikanische und asiatische Mitgliedsländer generell mit der „palästinensischen Sache“ sympathisieren, sondern auch an Abbas’ geschicktem Vorgehen. So hat er sich in den vergangenen Monaten intensiv darum bemüht, den Europäern sein Ansinnen schmackhaft zu machen. Mit Erfolg. Frankreich und Großbritannien haben durchblicken lassen, dass sie womöglich dem Antrag zustimmen werden. Luxemburg und die Niederlande neigen ebenfalls dazu. Dennoch kann von einer einmütigen EU kaum die Rede sein.

Das liegt auch an Deutschlands Haltung. Offiziell hält sich das Auswärtige Amt zurück. „Wenn der Antrag gestellt wird, werden wir diesen prüfen und uns eng mit unseren internationalen und insbesondere EU-Partnern abstimmen“, heißt es diplomatisch nichtssagend auf Anfrage. Aber im Grunde darf als gesichert gelten – Berlin sieht es ähnlich wie Washington: Der UN-Vorstoß der Palästinenser schadet dem dahinsiechenden Friedensprozess in Nahost eher, als dass er ihm hilft. Israel vor den Kopf stoßen möchte ebenfalls niemand. Eine Enthaltung, möglichst auch der anderen EU-Mitglieder, könnte ein gangbarer Weg sein. Nur ändert das vermutlich wenig an den Mehrheitsverhältnissen in der UN- Vollversammlung. Am 29. November werden die Palästinenser wohl jubeln. Und die Israelis zürnen.

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