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Verbündet: John Kerry – hier bei seinem Besuch in Jerusalem mit Benjamin Netanyahu.

© dpa

Vor neuen Atomgesprächen mit dem Iran: Angereicherte Hoffnung

Am Mittwoch gehen die Atomverhandlungen mit dem Iran weiter. Sie waren vor fünf Wochen wieder aufgenommen worden und kamen dann gut voran. Inzwischen ist wieder Ernüchterung eingetreten. Gibt es eine Chance auf Einigung?

Die Gunst des Augenblickes nutzen, das ist das aktuelle Credo bei den Verhandlungen über Irans Atomprogramm. Die Regierungen der sogenannten 5+1 – die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und Deutschland – bauen darauf, dass es mit den aktuell im Iran Verantwortlichen tatsächlich eine Lösung des seit zehn Jahren andauernden Konfliktes geben kann. Israels Premier Benjamin Netanjahu dagegen hält jedes Abkommen, das nicht zu einer kompletten Auflösung des iranischen Atomprogramms führt, für „einen Fehler historischen Ausmaßes“.

Diese Sorge hat er jetzt, einen Tag vor Beginn neuer Iran-Gespräche in Genf, in der „Bild“-Zeitung mitgeteilt. In dem Interview behauptet er außerdem, der Iran baue Interkontinentalraketen, um Europa und die USA zu treffen, und wolle diese zudem „mit Atomsprengköpfen bestücken“. Eines Tages würden sie auch „auf deutsche Städte gerichtet sein“. Netanjahus Kniff: Er macht eine theoretisch mögliche Fähigkeit, von der der Iran aktuell weit entfernt ist, zur erklärten Absicht Teherans. Dabei, sagt Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, wisse „auch Iran, dass ein Schlag mit Atombomben, die er bislang nicht hat, gegen ein Nato-Land, gegen Israel und vermutlich gegen jedes andere Land Selbstmord wäre, weil der Gegenschlag auf dem Fuße folgen würde“. Die angestrebte Einigung, gegen die Netanjahu so kämpft, wird es nach Ansicht von Perthes „sehr viel schwerer für Iran machen, sich – wenn die politischen Entscheider in Teheran dies wollten – die ,Bombe’ zu verschaffen, als dies ohne ein solches Abkommen der Fall wäre“.

Doch nicht nur Israels Regierungschef, auch und gerade amerikanische Volksvertreter sind skeptisch. Weil Republikaner im Kongress dafür werben, die Sanktionen gegen den Iran nicht zu lockern, sondern weiter zu verschärfen, hatte US-Präsident Obama für Dienstagabend führende Senatoren zum Gespräch gebeten. Er wollte sie davon überzeugen, dass die vorübergehende Suspendierung einiger Sanktionen notwendig ist, damit die iranischen Verhandlungsführer beim eigenen Volk ein paar Erfolge vorweisen können.

In den Atomgesprächen geht es weiter, ohne Minister und mit etwas gedämpftem Optimismus

Vor knapp zwei Wochen hatte es kurz so ausgesehen, als stünden die seit zehn Jahren laufenden Gespräche direkt vor dem Durchbruch. Doch dann endete das Treffen in Genf, zu dem sukzessive sogar die sechs Außenminister angereist waren, ohne Einigung. s. Ob es zu einer Einigung kommt, hänge letztlich von den Iranern ab, heißt es in Verhandlungskreisen.

Auf dem Tisch liegt ein Papier, das nach Ansicht der 5+1 eine gute erste Übereinkunft darstellt. Man befürchtet, dass Irans Atomprogramm auch zum Bombenbau dienen soll. In dem Papier ist festgelegt, dass das Programm zum ersten Mal seit zehn Jahren nicht weiter ausgebaut und der Einstieg in den Ausstieg festgeschrieben wird. Im Gegenzug sollen einige Wirtschaftssanktionen suspendiert werden, allerdings nicht die für Teheran am problematischsten Maßnahmen im Öl- und Finanzbereich. Die Sanktionen sollen zunächst nur sechs Monate ausgesetzt werden. In dieser Zeit könnte dann eine umfassende Lösung für den Atomstreit ausgehandelt werden.

Wird Iran seine Urananreicherung einstellen?

Ob der Iran aber dazu bereit ist, beispielsweise die Urananreicherung von 20 Prozent einzustellen und bereits derartig angereichertes Material in „ungefährliche“ Brennstäbe umzuwandeln, ist eine der Fragen, die jetzt in Genf zu klären sind. Auch die Zukunft des Schwerwasserreaktors in Arak gehört dazu. Ist die Anlage in Betrieb, kann dort waffenfähiges Plutonium produziert werden. Im Iran stoßen die Bedingungen zum Teil auf deutliche Ablehnung. Kurz vor dem neuen Treffen in Genf berichtet die Agentur Reuters von einer Initiative im Teheraner Parlament, mit der die Regierung aufgefordert wird, an der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent festzuhalten. Außerdem müssten ein vollständiger Atomkreislauf gewährleistet und Arak fertiggestellt werden.

Doch auch vonseiten der 5+1 wird nicht nur diplomatisch zurückhaltend agiert. Frankreich geriert sich derzeit als Hardliner in Sachen Atomkonflikt. Zwar verweisen die anderen Beteiligten darauf, dass man in der Sache absolut auf einer Linie sei. Trotzdem fällt auf, dass Außenminister Laurent Fabius in Genf als Einziger ziemlich klar Kritik am Iran äußert. Am Montag betonte nun Präsident François Hollande beim Staatsbesuch in Israel: „Wir werden die Sanktionen aufrechterhalten, bis wir sicher sind, dass der Iran auf Nuklearwaffen verzichtet.“ Eine Einigung im Atomstreit ist also möglich, sicher ist sie nicht.

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