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Grünen-Chef Cem Özdemir beim Besuch einer Ausstellung über das Schicksal der Tscherkessen im Hamburger Völkerkundemuseum

© dpa

Vor Olympia in Sotschi: Grünen-Chef Özdemir setzt sich für die Tscherkessen ein

Die Gegend um Sotschi war einst die Heimat der Tscherkessen. Bei den Olympischen Spielen werden sie vermutlich nicht gewürdigt, im Gegenteil. Nun macht sich Grünen-Chef Özdemir für die Minderheit stark.

Von Matthias Meisner

Die Geschichte mit den Tscherkessen ist eine Tragödie. Vor 150 Jahren wurden sie von den Truppen des Zaren geschlagen. Völkermord, Landraub und Diskriminierung schlossen sich an. Jetzt versucht der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir, dem Schicksal vor Olympia in Sotschi etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen - denn das ist die alte Heimat dieser Minderheit. Sotschi war die letzte Hauptstadt Tscherkessiens.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Omar Farouk Tamzok, dem Vorsitzenden der Föderation der tscherkessischen Kulturvereine in Europa, sagte Özdemir am Mittwoch in Berlin, Olympia könne dazu führen, "dass es ein Zeitfenster gibt für die Tscherkessen". Sprich: dass Moskau unter internationalem Druck bereit ist, deren Schicksal endlich aufzuarbeiten. Neben, wie der Grünen-Bundesvorsitzende nicht vergaß zu erwähnen, allerlei weiteren drängenden Themen in Russland. Stichworte: Korruption, Demokratie, Menschenrechte, Ausgrenzung von Schwulen und Lesben.

Zwar seien, wie Özdemir sagte, die Tscherkessen aus Sotschi selbst "endgültig vertrieben". Doch die Bergregion rund um die Schwarzmeerstadt war ihre angestammte Heimat. Moskau solle die Gelegenheit nutzen, "um sich mit der eigenen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen".

Das sieht auch Kulturvereins-Funktionär Tamzok so. Er sagte, die Winterspiele seien "ein Schlag ins Gesicht aller Tscherkessen, ob sie nun in Russland oder in der weltweiten Diaspora leben". Als "Verhöhnung unserer Vorfahren" kritisierte er, dass anlässlich von Olympia die Siegesparade der Zarenarmee nachgestellt werden solle. Er erklärte weiter: "Die Forderungen von Tscherkessen aus aller Welt, die bis zur Absage der Spiele oder einem Boykott reichen, betrachten wir mit Sympathie."

So weit wollte Özdemir nicht gehen. Doch meinte auch er, alle Besucher der Winterspiele - damit meinte er vor allem die Prominenz - "sollten die Gelegenheit nutzen, auf bestehende Probleme hinzuweisen. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann."

Auf die Frage, wie sie die Haltung der Bundesregierung zu dem Konflikt bewerten, blieben die Vertreter der Tscherkessen zurückhaltend. Man wisse das einfach nicht so genau, sagte Tamzok. Generell fürchtet er, dass es mit dem Funken Aufmerksamkeit für die Tscherkessen nach dem Olympischen Winterspielen ziemlich rasch wieder vorbei sein wird. Mutmaßlich werde es seinem Volk dabei ergehen "wie einer Eintagsfliege", sagte er.

Das Museum für Völkerkunde Hamburg zeigt noch bis zum 25. Mai die Ausstellung "Tscherkessen - vom Kaukasus in alle Welt verweht". Informationen dazu hier.

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