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Politik: Vorbei diskutiert

Die evangelische Synode hat wieder nicht über die Reformen der Kirche beraten – viele ärgern sich

Dresden - Am Sonntag schaute der Aufbruch im Kongresszentrum an der Elbe kurz vorbei. Doch er fand keinen Platz und zog weiter. Was sollen wir hier, fragten sich Synodale der evangelischen Kirche in den folgenden Tagen. Wir beschließen etwas, kommende Woche stellt sich der Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, vor eine Kamera und sagt etwas anderes. Auch in den vergangenen Jahren gab es bei der EKD-Synode einige, die sich überlegten, ob sie ihre Zeit nicht sinnvoller zubringen könnten. Diesmal waren es mehr denn je.

Die Synode der EKD ist das oberste Parlament der evangelischen Kirche. Ihr steht der Rat der EKD gegenüber, das oberste Leitungsgremium mit Bischof Wolfgang Huber an der Spitze. Das Parlament, in dem ein einfaches Kirchenmitglied dem obersten Chef widersprechen kann, ist eine gute Sache – und der sinnfälligste Ausdruck dessen, was evangelisch ist. Viele Katholiken wären froh, wenn es so etwas bei ihnen gäbe. Doch das Kirchenparlament verliert an Bedeutung. Vielen wurde das in Dresden bewusst, da es dieses Jahr bei der Tagung nicht um ein weltliches Thema ging, sondern um tiefgreifende Reformen in der eigenen Kirche. Jahrelang war auf der Synode darüber gesprochen worden, dass sich etwas bewegen müsse. Als der Rat der EKD dann mit einem „Impulspapier“ vorpreschte, waren viele überrascht. Zumal in dem Papier stand, dass die Synode historisch bedingt und womöglich überholt sei.

Bei der Eröffnung der Tagung am Sonntag waren alle gespannt auf die Debatte. Es sollte grundsätzlich geklärt werden, was es heißt, evangelische Kirche zu sein. Dann wurde es Montag. Vor der Kongresshalle zog die Elbe gemächlich vorbei, drinnen plätscherten die Redebeiträge vor sich hin. Die Parlamentarier versuchten sich an der theologischen Fundierung des Reformprozesses. Der Versuch mündete in vage Sätze wie: „Der Gottesdienst ist die Schule der Nächstenliebe“ oder in der Ermahnung, es brauche mehr „biblisch profilierte Zeitgenossenschaft“. Der Synodalen Helga Trösken aus Frankfurt fehlte im Kundgebungsentwurf der Hinweis auf die protestantische „Kraft zum Widerstand“, andere vermissten die Öffnung zu den Christen in aller Welt, ein dritter wollte das Wort „Kompetenzzentren“ durch „stellvertretendes Handeln füreinander“ ersetzen. Kein Redner bezog sich auf Vorredner, von Debatte keine Spur.

Was sich wo und wie in den Landeskirchen konkret tut, wo der Reformprozess steht, blieb unklar. Das Parlament wäre der Ort gewesen, sich darüber auszutauschen. Allein, es blieb keine Zeit. Während die Synodalen am Dienstag bis spätabends an der theologischen Grundlegung der Reformen feilten, hatte die Leitung der EKD längst beschlossen, mit einer neuen Steuerungsgruppe aus Rat, Kirchenkonferenz und Synode die Dynamik des Reformprozesses voranzutreiben. Die Parlamentarier wurden einmal mehr vor vollendete Tatsachen gestellt.

Der Rat trifft sich einmal im Monat, das Parlament einmal im Jahr. „Es ist normal, dass die Synode ihren Platz im Reformprozess erst finden musste“, sagte der Ratsvorsitzende Bischof Huber zum Abschluss. Nach dem Mittagessen wollte die Synode beschließen, eine Kommission einzusetzen, die überprüfen soll, wie Rat, Synode und Kirchenkonferenz zusammenarbeiten sollen. Im ersten Entwurf hatte gestanden, die Kommission solle herausfinden, ob die Synode ausreichend an der Leitung der EKD beteiligt ist. Ein Hauch von Rebellion schwang in der Formulierung mit. Doch da war es später Mittwochnachmittag, jeder wollte nach Hause. Die Rebellion wurde vertagt.

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