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Politik: Vorbild für den Kontinent

Mosambik ist auf dem Weg zu stabilen Verhältnissen. Horst Köhler beginnt dort seine zweite Afrikareise

Wer durch die Alleen von Maputo schlendert oder auf einer seiner Caféterrassen dem Rauschen der Palmen im Abendwind lauscht, kann leicht ins Schwärmen geraten. Auf den ersten Blick wirkt die Hauptstadt von Mosambik nach den langen Jahren des Niedergangs wie neu aufgebaut. Seit der Jahrtausendwende sind im Zentrum viele neue Geschäfte, Hotels und Restaurants entstanden und ganze Straßenzüge renoviert worden. Doch schon in den Außenbezirken der Kapitale spürt man wenig von dem Boom – und die neue Infrastruktur endet abrupt, oft wenige Kilometer von der Innenstadt entfernt.

Trotz der ungleichen Entwicklung gilt Mosambik, wo Bundespräsident Horst Köhler am Montag seine zehntägige Reise durch das südliche Afrika beginnt, inzwischen als Vorbild für einen Kontinent, der noch immer von Armut, Not und Stagnation geprägt ist. Mosambiks Wirtschaftszahlen indes sprechen, zumindest oberflächlich betrachtet, eine andere Sprache: Seit 1992 ein verheerender Bürgerkrieg zu Ende ging und wenig später freie Wahlen stattfanden, verbucht die frühere portugiesische Kolonie Wachstumsraten von durchschnittlich acht Prozent im Jahr. Die Inflation ist niedrig, und die westlichen Geberländer haben den Wandel gerade erst mit einem völligen Schuldenerlass und generöser Hilfe honoriert. Besorgnis erregend ist jedoch, dass sie noch immer über die Hälfte des Staatshaushaltes finanzieren.

Das Interesse der Geberländer hat Mosambik zum Laboratorium der Entwicklungshilfe gemacht. Einige Nichtregierungsorganisationen (NGO) warnen schon vor zu starker Haushaltshilfe. Peter Merz von der Schweizer NGO Helvetas meint, wichtig sei vor allem, dass die Behörden endlich lernten, selbstverantwortlich an der Entwicklung des Landes mitzuarbeiten – und sich nicht nur auf Hilfe von außen zu verlassen.

Die neu gewonnene Stabilität und die Bereitschaft der Regierung, dem Sozialismus abzuschwören, haben ausländische Investoren hellhörig gemacht: Vor den Toren Maputos ist eine der modernsten Aluminiumschmelzen der Welt entstanden. Und ins benachbarte Südafrika führt über 500 Kilometer nun eine neue Mautstraße. Zudem hat Mosambik letztes Jahr die Kapitalmehrheit am Wasserkraftwerk Cabora Bassa übernommen. Zum Trost für den Verzicht auf einen Gutteil der Schulden sollen portugiesische Baufirmen nun bei der Vergabe von Aufträgen im Energiesektor bevorzugt bedacht werden.

Auch politisch hat das Land Fortschritte gemacht. Anders als in vielen anderen Staaten des Kontinents, etwa im benachbarten Simbabwe, hat sich sein inzwischen aus dem Amt geschiedener langjähriger Staatschef Joaquim Chissano nicht als Regent auf Lebenszeit entpuppt. Ganz glücklich über seinen Nachfolger ist er aber wohl nicht: Obwohl Chissano einen Jüngeren wollte, entschied sich die regierende Frelimo für den 63-jährigen Amando Guebuza. Jener zählte ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern der früheren Widerstandsbewegung und verfügt heute über ein Geschäftsimperium, vom Tourismus über den Transportsektor bis zum Finanzwesen.

Seine Regierung steht vor zwei enormen Entwicklungshürden: zum einen das große Wohlstandsgefälle. Seit langem monieren die Nord- und Zentralprovinzen, dass sich fast die gesamte Entwicklung nur auf die Region um Maputo konzentriert. Ohne Elektrizität, Wasser und formelle Jobs wird es womöglich Jahrzehnte dauern, den Aufschwung in die ländlichen Gebiete zu tragen, wo fast 80 Prozent der 20 Millionen Menschen leben.

Zum anderen ist Mosambik zu einer Hochburg des organisierten Verbrechens geworden. Das Land gilt als Durchgangsstation von Waffen und Drogen aus Asien. Noch, sagt Luis Sarmento, ein im Tourismusgewerbe tätiger Portugiese, seien erst wenige europäische Touristen ins Land gekommen. Von der teuren Beschaffung der Visa über die fehlende Krankenversorgung bis hin zum Protektionismus ganzer Industrien wirft die Bürokratie viele Knüppel ins Getriebe, sagt José Caldeira, von der mosambikanischen Juristenvereinigung. Noch, sagt Caldeira, würge die ausufernde Bürokratie viele Privatinitiativen ab. Dazu komme Korruption und zu wenig Rechtssicherheit.

Mosambik erinnert an das halb volle oder halb leere Glas. Der Hafen der Hauptstadt war bis vor kurzem wenig mehr als eine Industriebrache, an deren Lagerhäusern verblichene Parolen aus der Zeit des Klassenkampfes prangten. Seit der Eröffnung des Maputo-Korridors nach Johannesburg geht es jedoch spürbar bergauf. Und Luis Sarmento träumt bereits davon, seine Kunden in Luxuslinern in den Südosten von Afrika zu bringen.

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