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Hirsch

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Vorratsdatenspeicherung: Der Sturm auf Karlsruhe

Ab Januar werden die Kommunikationsdaten aller Deutschen für ein halbes Jahr gespeichert, auch ohne vorherigen Verdacht. Die Empörung ist groß: 70.000 beschweren sich beim Bundesverfassungsgericht - mit prominenter Unterstützung aus den Reihen der Liberalen.

Gespeichert werden Informationen über Sender und Empfänger von E-Mails und Anrufen sowie Angaben über Zeitpunkt und Dauer der Kommunikation. Die Mobilfunkanbieter sollen sich dem Gesetz nach auch merken, welcher Funkmast bei Beginn eines Telefonats vom Handy aus angesteuert wurde. Jeder Schritt eines Handybenutzers kann so überwacht werden. Auf eine richterliche Anordnung hin sollen die Daten dann bei den Telekommunikationsgesellschaften abgefragt werden können.

Der britische Spezialist für Computersicherheit, George Danezis, sagte dazu dem "Tagesspiegel": "Experten können aus diesen Daten viel mehr Informationen über den Nutzer herausfiltern, als es auf den ersten Blick erscheint." In den Verbindungsdaten der Telekommunikation lägen Informationen über soziale Strukturen und Netzwerke, über Aktivitäten, Hobbys und Freunde.

70.000 Deutsche unterstützen jetzt eine Sammel-Beschwerde an das höchste Gericht der Bundesrepublik. Mit ihnen kündigte der ehemalige Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) an, im Namen weiterer prominenter Liberaler  Verfassungsbeschwerde einzulegen. "Wir sind der Überzeugung, dass das angefochtene Gesetz grundlegende Verfassungsrechte in grober Weise missachtet, und sind nicht bereit, dem immer weitergehenden Abbau unserer Grundrechte tatenlos zuzusehen." Der Staat könne nicht alle Bürger wie potenzielle Straftäter behandeln, so Hirsch.

Effektiver Schutz der Daten wird teuer

Prominente Unterzeichner der Verfassungsbeschwerde sind neben Hirsch der Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms, die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz, der Bundesvorsitzende der jungen Liberalen, Johannes Vogel, sowie der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum. Hirsch, Baum und Leutheusser-Schnarrenberger hatten in Karlsruhe schon zwei andere Großgesetze verhindert: den großen Lauschangriff im Jahr 2004 und das Luftsicherheitsgesetz 2006, das den Abschuss von Passagierflugzeugen im Entführungsfall erlauben sollte.

Nach Ansicht von Datenschutzexperten sind die gespeicherten Daten nicht genügend geschützt. Denn das würde eine Menge kosten und geschieht bisher nur teilweise. Die Telekom beispielsweise speichert die Daten zwar in einer separaten Datenbank, trotzdem gibt es keine Kodierung der Daten, wie von Experten verlangt. Sie rechnen damit, dass die Umsetzung des neuen Gesetzes für die Unternehmen zum teuren Unterfangen wird und sprechen von Summen in dreistelliger Millionenhöhe.

Der Eilantrag von Hirsch und seinen Unterstützern soll das Gesetz im letzten Moment und kurz vor dem Jahreswechsel verhindern. Aber die Mühlen der Bürokratie mahlen über die Weihnachtstage besonders langsam. So wird die Speicherung am 1. Januar in Kraft treten, der Eilantrag aber erst Mitte Januar bearbeitet. So lange wird so viel auf Vorrat gespeichert, wie es die Datenspeicher erlauben.

Marie Preuss

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