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Jedes Handy sendet Daten - darum lehnen die Liberalen eine Speicherung ab.

© dpa

Vorratsdatenspeicherung: Merkel muss es richten

Die Innenministerkonferenz ist bei den Vorratsdaten mit der FDP über Kreuz. Jetzt schaute die Kanzlerin vorbei - und will mit der gebotenen Diplomatie aktiv werden.

Von Frank Jansen

Auf der Homepage des FDP-Politikers Max Stadler steht „fortiter in re, suaviter in modo“, in der Sache fest, in der Art verbindlich. Dem Motto ist der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium am Dienstag mal wieder gerecht geworden, kaum zur Freude der in Frankfurt am Main tagenden Innenministerkonferenz (IMK). Stadler lehnte im Gespräch mit dem Tagesspiegel die Kompromissvorschläge zweier sozialdemokratischer Minister zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung rundweg ab. Aber höflich im Ton. „Die Vorschläge sind nicht befriedigend“, sagte Stadler, es handele sich nur um „eine leicht veränderte Form“ der schon bekannten Position des Bundesinnenministeriums. Andere in der FDP hätten vermutlich von „Täuschungsmanövern“ oder „Vernebelungstaktik“ gesprochen. Das tat Stadler nicht.

Ralf Jäger, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, hatte am Dienstag kurz vor Beginn der IMK angeboten, den Sicherheitsbehörden sollte es nur unter strengen Auflagen erlaubt sein, an gespeicherte Telekommunikations- und Internetdaten heranzukommen. Doch Jäger blieb bei der Position, dass Telekommunikationsunternehmen und Provider die Daten anlasslos sechs Monate vorrätig halten müssten. Ähnlich argumentierte Reinhold Gall, Innenminister von Baden-Württemberg. Was er, Jäger und die anderen Innenminister anstreben, wollen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und ihr Staatssekretär Stadler jedoch auf keinen Fall. Und wären die Auflagen für die ermittelnden Sicherheitsbehörden noch so strikt. Und die Grünen, Koalitionspartner in Düsseldorf und Stuttgart, wollen es auch nicht. Sie lehnen den Vorstoß von Jäger und Gall ab.

„Wir bleiben bei unserem Kompromissvorschlag des Quick Freeze“, betonte Stadler. Das bedeutet: Bei einem konkreten Verdacht auf eine schwerwiegende Straftat würden Telekommunikationsfirmen und Provider zu einer „Schockfrostung“ der aktuell vorliegenden Daten bestimmter Internetnutzer verpflichtet. „Wir wollen eine nur anlassbezogene Speicherung“, sagte Stadler, doch die Vorschläge von Jäger und Gall „bedeuten eine anlasslose Speicherung“ für mehrere Monate. Am grundsätzlichen Dissens ändern die Ideen der zwei SPD-Innenminister also nichts.

„Quick Freeze ist nur ein Placebo“, sagte Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister in Sachsen-Anhalt, am Dienstag dem Tagesspiegel. Und kaum noch „suaviter in modo“ fügte er hinzu, „wenn die FDP weiter so rumfummelt, verhindert sie am Ende eine effektive Kriminalitätsbekämpfung“. Beim Terrorismus, bei der Kinderpornografie und weiteren schweren Delikten.

Der Druck auf das Bundesjustizministerium, den prinzipiellen Widerstand aufzugeben, dürfte noch zunehmen. Die Innenminister bekamen am Montag dezent Hilfe von einer Person, die sich bislang im Streit um die Vorratsdatenspeicherung nicht aufgefallen ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel kam nach Frankfurt und aß abends mit den Innenministern im Westhafen-Tower, einem eleganten Hochhaus in Form eines Zylinders. Gesprochen wurde viel über Prävention bei Jugendkriminalität, Merkel hatte zuvor in Frankfurt ein „Boxcamp“ für problematische Jugendliche besucht. Doch es ging nicht nur darum. Das war zu erwarten, da der Besuch eines Bundeskanzlers bei den Innenministern kurz vor einer ihrer rituellen Tagungen unüblich ist.

Die Innenminister drängten Angela Merkel beim abendlichen Menü, das Thema Vorratsdatenspeicherung voranzubringen, wie Teilnehmer am Dienstag berichteten. Die Kanzlerin wich nicht aus. Ihr wird nicht entgangen sein, wie genervt die Innenminister von Bund und Ländern sind, weil die FDP über Quick Freeze hinaus kein Grad Celsius zulässt. Merkel habe signalisiert, mit der gebotenen Diplomatie aktiv zu werden, hieß es in IMK-Kreisen.

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