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Vorratsdatenspeicherung: Quick Freeze oder schneller Kompromiss?

Koalition streitet weiter über Datenspeicherung: Neue Runde im schwarz-gelben Zwist um die Vorratsdatenspeicherung – doch nun beginnt der Streit auch die FDP zu spalten.

Während Unions-Politiker die Zeit zwischen den Jahren nutzen, um die längst fällige Umsetzung der ihnen genehmen EU-Richtlinie zur Aufbewahrung von Telefon- und Online-Kommunikationsdaten aller Bürger zu fordern, bleibt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei ihrer Ablehnung. Es geht um zwei Fragen: Wie lange müssen Daten gespeichert werden, und muss für die Speicherung ein Verdacht vorliegen oder darf sie „anlasslos“ vorgeschrieben werden. Die Union will die Speicherung mindestens sechs Monate ohne Anlass, Leutheusser nur bei Verdacht und nur zwei Wochen. Da die EU-Kommission nun mit einem Verfahren wegen Verzögerung droht, das Millionen Euro kosten könnte, erhöht die Union den Druck.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach brachte zudem die Zwickauer Terrorzelle ins Spiel und betonte, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ohne Verdacht sei wichtig zur Bekämpfung schwerer Straftaten. Entsprechend äußerte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Leutheusser hält dagegen, dass auch mit ihrem Vorschlag Ermittlungen gegen die Neonazi-Zelle nicht verhindert worden wären. Es habe ja immer wieder Verdachtsmomente gegeben.

Zudem verweist die FDP-Politikerin darauf, dass die bestehende EU-Richtlinie in den Mitgliedstaaten gar nicht einheitlich umgesetzt werde, weshalb die Brüsseler Kommission bereits an einer Neufassung arbeite. Die neue Richtlinie soll noch 2012 kommen – wieso also jetzt eine gescheiterte Richtlinie mit Verfallsdatum umsetzen, lautet die Logik der Justizministerin, mögliche Millionenstrafen hin oder her. Zudem ist in Berlin zu hören, die Kommission habe sogar ein Gutachten zu Leutheussers Modell – auch als „Quick Freeze“ bekannt – in Auftrag gegeben. Woraus zu schließen sei, dass man sich in Brüssel zumindest mit dieser Möglichkeit beschäftige. Bei der EU will Leutheusser daher auf eine „grundrechtsschonende“ Form der Datenspeicherung hinarbeiten.

Ob sich „Quick Freeze“ in Reinform durchsetzen lässt, ist aber angesichts des Widerstands in der Union fraglich. In der FDP gibt es daher laut Hartfrid Wolff Bewegung. Der Innenpolitiker setzt sich für eine „vernünftige Kompromisslinie“ ein und will diese im Januar mit den Unions-Kollegen ausloten. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn plädiert dafür, zwar eine Datenspeicherung ohne Anlass zuzulassen, aber die zeitliche Begrenzung und den Straftatenkatalog so eng wie möglich zu fassen. Dem widersprachen jedoch die Innenpolitikerin Gisela Piltz und der Rechtspolitiker Christian Ahrendt. Die FDP-Fraktion bleibe bei ihrer Linie: Grundlage eines Kompromisses müsse die „anlassbezogene Speicherung“ sein. Damit werde den Bürgerrechten und der Bekämpfung von Verbrechen gleichermaßen Rechnung getragen. Albert Funk

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