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Politik: Vorteil Union – Spiel Schröder

Der Bundesrat lehnt Hartz, Ökosteuer und Rente ab. Doch Rot-Grün weist die Einsprüche im Bundestag zurück

Um kurz nach halb zwei beendete Hans Eichel (SPD) am Freitag im Bundesrat seine Rede zum „Steuervergünstigungsabbaugesetz“ – selten hat ein Bundesminister in der Länderkammer so spät am Tag das Wort ergriffen. Das lag an der langen Rednerliste davor. Zum einen ging es um eine Reihe wesentlicher Gesetze, zum anderen aber darum, was man auf Unions-Seite mit dem Satz umschrieb: „Ein wenig Qual muss sein.“ So dauerte die eine oder andere Rede etwas länger – zum Vergnügen der CDU/CSU-Politiker auch solche von SPD-Ministern.

Rot-Grün sollte zittern an diesem letzten Sitzungstag vor Weihnachten. Denn die Einsprüche des Bundesrats gegen einen Teil des Hartz-Gesetzespakets, die Erweiterung der Ökosteuer und Ulla Schmidts „Beitragssicherungsgesetz“ zur Regelung der Beiträge für Rente und Krankenversicherung, musste der Bundestag noch am Nachmittag zurückweisen, damit die Vorhaben auch wie geplant zum 1.Januar in Kraft treten können. Und es bedurfte der Kanzlermehrheit: Nicht die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten genügt für eine solche Zurückweisung, es muss die Mehrheit aller Abgeordneten sein. 306 Abgeordnete hat Rot-Grün, 302 Stimmen brauchten Schröder & Co. Wochenlang hatte die Fraktionsführung ihre Mannschaft bearbeitet: keine Reisen, keine frühe Rückkehr in die Heimat, strengste Anwesenheitspflicht. Möglichst auch keine Krankheiten. Deshalb musste Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) das Feilschen des Fischereirats am Freitag zunächst ihrem Staatssekretär überlassen, bevor sie nach der Abstimmung wieder nach Brüssel fliegen konnte, um weiter für Kabeljau und Schellfisch zu kämpfen. Am Ende fehlte nur Herta Däubler-Gmelin – krank gemeldet und zur Kur. Aber die Kanzlermehrheit stand.

Somit können die Hartz-Reformen in Kraft treten und damit die Neuregelungen bei den Mini-Jobs. Die Ermäßigungen bei der Ökosteuer für die Wirtschaft werden reduziert, Nachtspeicherheizungen werden teurer, ebenso Erdgas und schweres Heizöl. Der Rentenbeitrag steigt nur auf 19,5 Prozent (statt die drohenden 19,9), die Apotheker werden härter rangenommen, und die Bemessungsgrenze zur Krankenversicherung wird erhöht, was für alle Bezieher von Einkommen über 4500 Euro (im Westen) und 3750 Euro (im Osten) deutlich höhere Kassenbeiträge bedeutet. All das lehnte die Unions-Mehrheit am Freitag in der Länderkammer ab.

Auch „Hartz I“ fand keine Mehrheit, obwohl die rot-grüne Koalition der Union bei der Leiharbeit im Vermittlungsausschuss entgegengekommen war und bei der Vermittlung über die Personal-Service-Agenturen der Arbeitsämter private Verleiher Vorrang haben sollen. Der Grund für das Nein der Union: die Tarifbindung für Leiharbeiter nach schon sechs Wochen, ein Zugeständnis von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) an die Gewerkschaften. „Hartz II“ allerdings fand eine klare Mehrheit der Länderkammer. „Fast lupenrein“ seien die Vorschläge der Union übernommen worden, frohlockte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der sich nach dem vorweihnachtlich guten Ende der Vermittlung mit Clement einig war: „Hartz ist gut für Deutschland.“ Bis 400 Euro sind Minijobs künftig für den Arbeitnehmer steuer- und abgabenfrei, der Arbeitgeber zahlt pauschal 25 Prozent Sozialabgaben und Steuern. Bis 800 Euro werden schrittweise auch Abgaben des Mini-Arbeitnehmers fällig.

Was Clement hinter sich hat, muss Eichel noch durchstehen: ein Vermittlungsverfahren zu seinem Steuergesetz, das die Unions- Länder als „Steuererhöhungsgesetz“ bezeichneten und rundweg ablehnten. Auch SPD- Länder äußerten Bedenken. Niedersachsen etwa will über die höhere Besteuerung von Dienstwagen und die Kürzung der Eigenheimzulage verhandeln. Eichel verteidigte die Aufhebung des Bankgeheimnisses zur Besteuerung von Aktiengewinnen und die Zinsabschlagsteuer. „Wenn alle Steuern zahlen, können die Steuern niedriger sein“, so Eichels Merksatz für die Jahreswende.

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