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© AFP

Vortrag im Ägyptischen Museum: Kein Problem im Sudan?

Diskutanten im Berliner Pergamonmuseum meinen: Der Völkermord in Darfur ist nur eine Behauptung

Es ist ungewöhnlich – und wirkt bizarr. Das Ägyptische Museum Berlin funktionierte seinen Sudan-Tag an diesem Wochenende kurzerhand zu einer politischen Veranstaltung der besonderen Art um. Es sei ihm ein Bedürfnis, die „Realität des heutigen Sudan“ darzustellen, begründete Museumsdirektor Dietrich Wildung im voll besetzten Vortragssaal im Pergamonmuseum, warum sich die Archäologen der Krisenregion Darfur widmeten. Das Credo: Die international geächtete Regierung in Khartum ist besser als ihr Ruf, die weltweiten Berichte über die Massaker an Zivilisten auf Befehl oder mit Unterstützung Khartums sind falsch oder maßlos übertrieben – meist aus Eigeninteresse der Handelnden. Das gelte für praktisch alle: die Vereinten Nationen, Regierungen, Hilfsorganisationen, Journalisten. Einen Vertreter der inkriminierten Ansichten gab es auf dem Podium allerdings nicht.

In einem sehr emotionalen Vortrag verglich der Geologe und Geograph Stefan Kröpelin von der Uni Köln, der seit 27 Jahren im Sudan forscht, die Berichte über Darfur mit den US-Vorwürfen vor dem Irakkrieg. So wie dort keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden seien, gebe es keinen Beweis für einen Völkermord oder systematische Massenmorde. Das sei eine „in die Welt gesetzte Behauptung“. Es gebe wohl Tote, aber keinesfalls in dem Ausmaß. Die Reitermilizen, die nach UN-Erkenntnissen systematisch gegen Zivilisten vorgehen, Häuser niederbrennen, Frauen vergewaltigen, habe sich „jemand als klassischen Buhmann ausgedacht“.

Kröpelins Vermutung: Es geht ums Öl. Die USA wollten es fördern, per Pipeline an die Küste Kameruns bringen, dann sei es nur noch ein Katzensprung nach Amerika. Deshalb würden die Rebellen – welche der inzwischen auf ein gutes Dutzend gewachsenen Gruppen, sagte Kröpelin nicht –, von „westlichen Militärquellen“ mit Waffen und Fahrzeugen unterstützt. So bildeten 200 US-Marines Rebellen aus. Journalisten warf er vor, sich oberflächlich zu informieren, einseitig zu arbeiten und „absurde“ Vorwürfe zu erheben. Als Beispiel nannte er das Magazin Geo, das in der Juniausgabe einen Darfur-Bericht mit Schwarz-Weiß-Fotos illustrierte: „Das erinnert in der Machart an dunkle Zeiten im Dritten Reich.“

Dass Journalisten bei Recherchen von der Regierung in Khartum behindert werden, spielte kaum eine Rolle. Wer in den Darfur möchte, braucht ein Visum, das gibt es nur mit Einladung. In Khartum muss man eine Reisegenehmigung für Darfur erbitten, und wer fahren darf, bekommt einen Aufpasser. Davon sagte Sudans Botschafter Baha’Aldin Hanafi nichts. Für ihn stammen die meisten Berichte nur vom Hörensagen. Es handle sich um eine orchestrierte Medienkampagne gegen sein Land. Zur Rolle Khartums im Dafur: kein Wort. Aber die Stationierung der Friedenstruppe werde „Zeit brauchen“, es müsse noch geklärt werden: Wann gehen sie wieder?

FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff lobte Kröpelins „hervorragenden“Bericht. Sie ist skeptisch, ob die 20 000 Mann der Friedenstruppe die Erwartungen erfüllen können. Es müsse Gespräche zwischen Regierung und Rebellen geben, Deutschland und die EU sollten sich auch humanitär engagieren, statt nur den moralischen Zeigefinger zu heben.

Wieso kommen die UN zu dem Schluss, es seien 200 000 Menschen getötet, 2,5 Millionen vertrieben worden? Eine weltweite Verschwörung? Für den deutschen Ex-Botschafter in Khartum, Werner Daum, der heute in London arbeitet, steht fest: Wer in einer Organisation ein anderes als das offizielle Bild zeichne, müsse um seinen Job fürchten. Offiziell teilt die Bundesregierung die Sicht der UN.

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