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Vorurteile: Italiens Botschafter: Deutsche wissen wenig

Nur Mafia, Schulden, Arbeitslose? Italiens Botschafter in Berlin hält die Deutschen für schlecht informiert über sein Land. Und will daher Aufklärung über die internationale Rolle Italiens, seine Leistungen in Industrie, Wissenschaft und Politik zum Schwerpunkt seiner Zeit in Berlin machen.

Italiens Botschafter hält das Bild seines Landes in Deutschland für erheblich verzerrt. Italien habe „negative Facetten“, die „unsere deutschen Freunde aber mit „gefestigten Vorurteilen“ verknüpften, sagte Botschafter Elio Menzione in einem Vortrag im Italien-Zentrum der Freien Universität. Den Medien warf er vor, Italien „nicht immer gewissenhaft und mit intellektueller Rechtschaffenheit“ darzustellen. Diese verzerrte Wahrnehmung sei einer der ersten Aspekte seiner Tätigkeit seit seinem Amtsantritt im August vor einem Jahr gewesen, sagte Menzione: „Ich habe ihn daher zu einem der vorrangigen Ziele meiner Mission in Deutschland gemacht.“  Die öffentliche Meinung schildere Italien als ineffizient, die große Rolle seines Landes in der Außen-, Friedens- und Sicherheitspolitik werde „außerhalb von Fachkreisen nicht beachtet“, die Wirtschaftsdaten der zweitgrößten Industrienation Europas  seien „der deutschen Bevölkerung generell kaum bekannt“ und die Rolle Italiens, der drittgrößten Beitragszahlerin zum Rettungsschirm,  in der Finanzkrise werde gar „vollkommen falsch wahrgenommen“. Man wolle nun mit „Public Diplomacy“, „die herausragenden Vorzüge unseres Landes ins rechte Licht rücken“ und italienisches „savoir faire“ in Gastronomie, Weinbau, Industrie, Handwerk, Wissenschaft, Kunst und Kultur herausstreichen. 

Menzione ist nicht der erste italienische Botschafter, der dem Bild seines Landes in Deutschland öffentlich entgegentritt. Einer seiner Vorgänger, Antonio Puri Purini, protestierte 2010 gegen eine „Spiegel“-Geschichte über die italienische Gemeinde in Deutschland. Überhaupt gab vor allem der "Spiegel" immer wieder Anlass zu italienischen Protesten, etwa eine vorurteilsbefrachtete Sport-Kolumne zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 auf Spiegel online oder, das berühmteste Beispiel, vor Jahren jener Spiegel-Titel, auf dem ein Revolver einen Teller Spaghetti dekorierte. Menzione bezog sich in seiner Rede allerdings, ohne ihn zu nennen, auf den Artikel des langjährigen Italien-Korrespondenten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dirk Schümer. Schümer hatte vor kurzem unter dem Titel „Land ohne Zukunft“ die vergebliche Suche vieler gut ausgebildeter junger Italiener geschildert, eine Stelle zu finden und beschrieben, dass sie bestenfalls in prekären Jobs weit unter ihrer Qualifikation unterkämen. 

Auch dies sei ein falscher Blick, kritisierte Menzione: Die Italienerinnen und Italiener, die nach Deutschland kämen, seien keine „Flüchtlinge oder abgewanderte Talente”; ihre Migration nach Norden sei „vielmehr unweigerliche Folge einer wachsenden Beschäftigungsmobilität in Europa“. Die Arbeitslosenquote unter jungen Leuten liegt in Italien allerdings bei 41,9 Prozent, eine der höchsten Raten in der EU. Laut Statistischem Bundesamt ist die italienische Arbeitsmigration seit Beginn der Eurokrise signifikant gestiegen.  

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