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Ted Cruz mit Ehefrau Heidi und Töchtern nach dem Wahlsieg in Wisconsin

© REUTERS/Jim Young

Vorwahlkampf in den USA: Ted Cruz ist eine größere Bedrohung für die liberalen Werte als Donald Trump

Ted Cruz ist die größere Bedrohung für die Liberalität der USA als der Immobilienmilliardär Donald Trump. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Donald Trump hat die dritte Vorwahl in Folge verloren. In Wisconsin unterlag er Ted Cruz mit 13 Prozentpunkten Abstand. Das ist deutlich. Schon atmen die Ersten auf. Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass es dem Rechtspopulisten misslingt, vor dem Parteitag die für die Nominierung erforderliche absolute Mehrheit zu erreichen. Bleibt den USA und der übrigen Welt ein Präsidentschaftskandidat Trump erspart?
Gegenfrage: Wäre Cruz die bessere Lösung? Zu dieser Haltung scheint sich die Mehrheit der republikanischen Amtsträger durchzuringen. Die Parteiführung – voran Paul Ryan, der „Speaker“ des Repräsentantenhauses, und Reince Priebus, dessen Aufgaben denen des Generalssekretärs einer deutschen Partei entsprechen – hat in Wisconsin erstmals aktiv in den Wahlkampf eingegriffen. Mit Erfolg: Dank ihrer Fürsprache erzielte Cruz über 48 Prozent, Trump blieb bei rund 35 Prozent.

Erst für Abtreibungsfreiheit, dann fordert Donald Trump Strafe für Frauen, die abtreiben

Eine Eigenschaft des Immobilienmilliardärs Donald Trumo finden klassische Konservative wie linke Gegner gleichermaßen abstoßend: seine Prinzipienlosigkeit. Er erweckt den Anschein, als wäre er bereit, so ziemlich alles zu tun, wovon er sich Erfolg verspricht. Gestern ein Geldspender für die Demokraten, heute ein Präsidentschaftskandidat der Republikaner.

Gestern für Abtreibungsfreiheit, heute fordert er Strafe für Frauen, die abtreiben. Gestern warb er ausländische Kontingentarbeiter für seine Baustellen und Casinos an, heute möchte er die Visa für solche Fachkräfte verbieten, damit die Jobs Amerikanern vorbehalten bleiben. Nicht zu reden davon, wie er Vorbehalte gegen Fremde, Minderheiten und Andersgläubige zu nutzen versucht. Doch dies ist zugleich das Beruhigendste, was man über Trump sagen kann: Der Mann hat zumindest keine Überzeugungen. Er ist kein Ideologe. Käme er an die Schalthebel der Macht, würde er wohl nur begrenzten Schaden anrichten. Er müsste die Mechanismen des Systems erst kennenlernen, wäre auf Berater angewiesen, die ihm sagen, was er als Präsident tun kann und was nicht.

Der Hauptschaden ist schon jetzt zu sehen: der für das Ansehen des politischen Systems. Trump ist eine wandelnde Beleidigung für alle, die Politik als einen ehrbaren Beruf und ein ernsthaftes Geschäft begreifen wollen. Ted Cruz ist ein in der Wolle gefärbter Erzkonservativer. Er kennt das politische System und weiß, wie man es erfolgreich nutzt, um die eigene Agenda zu verfolgen.

Auch er sagt im Wahlkampf Dinge, die er nicht aus vollem Herzen glaubt. Zum Beispiel, dass Bombenteppiche ein sinnvolles Mittel im Kampf gegen den IS sind. Aber er hat Grundüberzeugungen. Die klingen für Republikaner vertraut: niedrige Steuern, starkes Militär, die USA als christliche Nation, die im Umgang mit Homosexuellen und Abtreibung keine Kompromisse eingeht. Für Republikaner mag Cruz ein geringeres Übel sein als der populistische Freigeist Trump.

Weder der eine noch der andere

Für Andersdenkende gilt das nicht. Cruz ist die größere Bedrohung für die Liberalität der USA und ihr Bemühen, ein lebenswertes Land für alle zu sein, gleich welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion und sexueller Neigung. Die wahre Rettung: Die Mehrheit der US-Wähler möchte weder Trump noch Cruz als Präsidenten.

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