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Verwirrung um Zulassung. Eigentlich waren sie regulär akkreditiert, doch dann wurden 32 Journalisten vom G20-Gipfel in Hamburg ausgeschlossen.

© dpa

Update

Vorwürfe gegen Bundeskriminalamt: Grüne fordern Löschung regelwidrig gespeicherter BKA-Daten

Das G20-Verbot für mehrere Journalisten hat eine Debatte um womöglich massenhafte, regelwidrige Datenspeicherungen beim BKA ausgelöst. Politiker fordern parteiübergreifend Aufklärung.

Angesichts womöglich massenhafter, regelwidriger Datenspeicherung beim Bundeskriminalamt (BKA) fordern Politiker parteiübergreifend Aufklärung. „Offenbar speichert das BKA wahllos Informationen über unschuldige Bürger“, kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Donnerstag in Berlin. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) müsse erklären, wie es zum „Speicherskandal“ kommen konnte.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte dem Tagesspiegel, eine Generalrevision der BKA-Datenbanken müsse sofort erfolgen. „Nur relevante, auf Grundlage klarer Tatbestände erhobene Daten dürfen gespeichert, alle anderen müssen gelöscht werden.“ Die Fälle der zu Unrecht vom Hamburger G-20-Gipfel ausgeschlossenen Journalisten hätten strukturelle Probleme offengelegt. „Da fließen in gigantische Datenmühlen irgendwelche Infos ein, aus denen sich Verdachtsmomente begründen, gegen die sich der einzelne nicht wehren kann – und von denen er oft noch nicht einmal erfährt“, monierte Notz. Nach Recherchen der ARD speichert das BKA möglicherweise illegal Daten zu mehr als einer Million angeblicher Straftaten.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte dem Tagesspiegel, es müssten die Kriterien überarbeitet werden, nach denen das BKA Daten vorhält. Strafvorwürfe dürfen derzeit unter Umständen auch dann gespeichert werden, wenn ein Freispruch erfolgte oder das Strafverfahren eingestellt wurde. Der Eintrag bleibe dann über Jahrzehnte hinweg bestehen, weil jeder Neueintrag – auch wenn er wiederum auf falschen Vorwürfen beruhe – die Frist verlängere. „Das muss sich ändern“, forderte Jelpke.

Viele verschiedene Datentöpfe

Die Probleme mit den Datenbanken sind lange bekannt. Auch ein Sprecher des Innenministeriums hatte am Mittwoch eingeräumt, dass es Handlungsbedarf gebe: „Das Thema der Datenqualität ist eines, dem sich der Bundesinnenminister nicht erst seit den Ereignissen rund um den G20-Gipfel und die Akkreditierungsentzüge widmet“, hieß es da.

Eine der wesentlichen Aufgaben des BKA ist das Sammeln und Verteilen von Daten. Das Informationssystem „Inpol“ dient der Bund-Länder-Vernetzung, es gibt eine Antiterrordatei und zahlreiche Datenbanken für spezifische Kriminalitätsphänomene, die das BKA als Bereich „Staatsschutz“ zusammenfasst. Dazu gehört etwa die Datei „Innere Sicherheit“. Dort sollen aktuell knapp 110 000 Personen gespeichert sein, mit mehr als einer Million Datensätzen zu einzelnen politisch motivierten Straftaten. Daneben gibt es die Gewalttäter-Dateien, getrennt nach „Links“ und „Rechts“ sowie „politisch motivierte Ausländerkriminalität“.

Dabei stellt sich aus Sicht von Datenschützern ein zentrales Problem. Zunehmend würden Daten nicht mehr personenorientiert, sondern ereignisorientiert gespeichert und mit weiteren Personen oder Ereignissen verknüpft. „Da die Zahl der Verknüpfungsebenen nicht begrenzt ist, diffundieren die zu einer Person gespeicherten Daten zunehmend in größeren Datenbeständen“, schreibt die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff in ihrem jüngsten Tätigkeitsbericht. Meldungen der Justizbehörden könnten in übergreifende Dateien und Verbundsysteme geraten und die bestehenden rechtlichen Begrenzungen unterlaufen.

Vorgaben werden missachtet

So hatte Voßhoff auch einiges an der von BKA und Zollfahndung geführten „Falldatei Rauschgift“ mit rund 700 000 Einträgen zu beanstanden. Es fehle an der gesetzlich geforderten Dokumentation, zudem seien Bagatellfälle gespeichert. Einmal sei es um einen Apotheker gegangen, dem ein Kunde ein als Betäubungsmittel eingestuftes Medikament entwendete, während er das Rezept prüfen wollte. Gespeichert wurde nur der Apotheker. Oft werde die Vorgabe missachtet, wonach längerfristige Speicherungen nur zulässig sind, wenn absehbar ist, dass auch in Zukunft Verfahren gegen den Betroffenen geführt werden.

Notz forderte, bis zur erfolgten Revision der Datenbanken das im April verabschiedete BKA-Gesetz zum Teil auszusetzen, da es ein Zusammenführen verschiedener BKA-Datenbanken vorsehe. Das würde aus Sicht von Notz das Problem potenzieren. Seine Fraktion halte sich alle parlamentarischen Mittel offen – wozu auch das Einberufen eines Untersuchungsausschusses gehört.

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