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Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Schleswig-Holstein bremst

Aus Kiel droht ein „Nein“ im Bundesrat zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Eigentlich wollte die schwarz-gelbe Bundesregierung dank ihrer Mehrheit im Bundesrat zumindest bis zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 durchregieren – doch das Vorhaben scheint bereits im Anfangsstadium einer ernsten Belastungsprobe ausgesetzt zu sein: Schleswig-Holstein mit seiner neuen CDU/FDP-Regierung hat angekündigt, dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz in der Länderkammer die Zustimmung zu verweigern, falls das finanziell klamme Bundesland keine Ausgleichszahlungen bekommt.

Über das Ziel, Wachstum zu generieren, sei man sich ja einig, hieß es aus dem Kieler Finanzministerium. Doch an der vorgesehenen Lastenverteilung würde sich das nördlichste Bundesland verheben. Finanzminister Rainer Wiegard (CDU): „Wir sind ein finanzschwaches Land und können uns Einnahmeausfälle ohne jegliche Kompensation nicht leisten.“ Wolle man im Zusammenhang mit der auf Bundesebene vereinbarten Schuldenbremse bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, müsse der Spagat bewältigt werden, gleichzeitig Wachstumskräfte zu stärken und Ausgaben zu begrenzen. Das Land wird laut Steuerschätzung von 2009 bis 2013 vier Milliarden Euro weniger kassieren als geplant. Wiegard: „Der schwerste Einbruch bei den Einnahmen in der Geschichte des Landes.“

Wiegards Parteikollege und Fraktionsvorsitzende im Kieler Landeshaus, Christian von Boetticher, formulierte mit Blick auf die Berliner Pläne ein wenig jovial: „Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen.“ Die von der Bundesregierung vorgesehenen Wachstumsspritzen würden das Land mit rund 70 Millionen Euro belasten. Damit das Konsolidierungsziel der Verschuldungsdeckelung 2020 erreicht wird, sind dem nördlichsten Bundesland seitens der Föderalismuskommission jährlich 80 Millionen Euro zugebilligt worden. CDU und FDP sehen dieses dringend benötigte Geld nun wieder aus ihrem Haushalt verschwinden. Der am Samstag in Neumünster auf einem Parteitag wiedergewählte FDP-Landesvorsitzende Jürgen Koppelin ließ ebenfalls die Muskeln spielen: „Es kann nicht sein, dass in Berlin einfach Beschlüsse bis hinunter zu den Kommunen durchgereicht werden. Damit muss Schluss sein.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bundestag fügte hinzu, dass das Thema am Montag im Koalitionsausschuss in Kiel ganz oben auf der Tagesordnung stehe.

Spätestens am Freitag wird auch das Landesparlament sich damit beschäftigen. Bündnis 90/Grüne haben einen Antrag „Keine Steuersenkungen zulasten von Land und Kommunen“ eingebracht. Mit Blick auf Berlin spricht die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Monika Heinold, von „schwarz-gelbem Raubrittertum“. Kommt es zu keinem Einlenken, ist denkbar, dass in Kiel dieser Oppositionsantrag sogar aus dem Regierungslager unterstützt wird.

Dieter Hanisch[Kiel]

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