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Politik: Waffen statt Worte

Gewalt dämpft Hoffnung auf Gespräche zwischen Rebellen und Sri Lankas Regierung. Japan und Norwegen wollen weiter vermitteln

Nur kurz währte die Hoffnung, die neue Gewalt in Sri Lanka könnte gestoppt werden. Vor zwei Wochen hatten sich die Tamilen-Rebellen der LTTE nach langem Zaudern bereit erklärt, mit der Regierung zu Friedensgesprächen zusammenzukommen. Unter Vermittlung Norwegens sollten beide Seiten Ende Oktober in Genf zusammenkommen. Doch nun ist dieses Treffen wieder in Gefahr.

Anstatt dass das Blutvergießen angesichts vereinbarter Gespräche abebben würde, lieferten sich Regierung und Rebellen vergangene Woche im Norden der Insel die schwersten Gefechte seit Beginn des Waffenstillstandes vor mehr als vier Jahren. Nach Militärangaben starben bis Donnerstag mindestens 129 Soldaten und mehr als 200 Rebellen, über 700 Menschen wurden verletzt. Am Sonntag starben laut Armee bei einem kleineren Seegefecht sechs Rebellen. Wie immer beschuldigt man sich gegenseitig, die Kämpfe vom Zaum gebrochen zu haben. Keine der beiden Seiten will als Saboteur neuer Verhandlungen dastehen. Beobachter nehmen aber an, dass Regierung wie Rebellen in deren Vorfeld ihre militärische Position stärken wollen.

Die LTTE hatte in den vergangenen Monaten kräftig einstecken müssen. Obwohl vor allem sie es war, die den Konflikt bis zum Sommer eskalieren ließ, hatte sie dem Militär wenig entgegenzusetzen. Die Armee dagegen vertrieb die Rebellen aus wichtigen Stellungen, und aus dieser Position der Stärke hatte sich Mahinda Rajapakses Regierung zu neuen Gesprächen bereit erklärt.

Vergangene Woche aber scheint sich die Armee verkalkuliert zu haben. Analysten glauben, dass es das Militär war, das die jüngste Offensive startete, um weiteres Terrain zu gewinnen. Doch offenbar hatte es die Stärke der LTTE unterschätzt. Nachdem die Armee die schwersten Verluste seit 2002 erlitten hat, ist unklar, ob das Treffen in Genf zustande kommt. Während die Regierung erklärte, an den Gesprächen festzuhalten, hielt sich die LTTE zunächst bedeckt. Sie hatte zur Bedingung für Friedensgespräche gemacht, dass die Streitkräfte alle Offensiven einstellen. Einige Analysten glauben aber, dass gerade der jüngste Erfolg der Rebellen den Weg für das Treffen geebnet haben könnte, da die LTTE nicht aus einer schwachen Position heraus Gespräche beginnt.

Mehr Klarheit wird für diese Woche erwartet. Noch am Sonntag sollten der japanische Gesandte und Vermittler Yasushi Akashi, später auch der norwegische Vermittler Jon Hanssen-Bauer in Sri Lanka ankommen. Dennoch gelten die Erfolgsaussichten möglicher Gespräche als zweifelhaft. Hardliner im Regierungslager befürchten ohnehin, dass die LTTE den Gesprächen nur zugestimmt hat, um Zeit zu gewinnen. Die eigentlichen Opfer der Gewalt sind ohnehin Zivilisten. Offiziellen Angaben zufolge sind bis zu 200 000 Menschen aus ihren Häusern zu Verwandten oder in Notlager geflohen. Tausende sollen auch über die Meerenge nach Indien geflüchtet sein.

Unter der Führung von Guerilla-Boss Velupillai Prabhakaran kämpft die LTTE seit 1983 für einen eigenen Staat für die 3,2 Millionen Tamilen im Norden und Osten der Insel. Erst nach fast 65 000 Toten war es Norwegen 2002 gelungen, einen Waffenstillstand zu vermitteln.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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