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Die syrische Zivilbevölkerung leidet am meisten unter den beständigen Angriffen. Hier versuchen Männer in der von Ruinen geprägten nördlichen City von Aleppo, Babys vor den Luftangriffen in Sicherheit zu bringen.

© Ameer Alhalbi/AFP

Update

Waffenruhe in Syrien: Die Kämpfe flauen deutlich ab

Um 18 Uhr am Montag begann in Syrien die vereinbarte zweitägige Waffenruhe. Die Kämpfe gegen zurück. Doch es gibt starke Zweifel, ob die Waffenruhe von Dauer sein wird.

Zwei Tage ohne Gewalt, Leid und Tod – für die meisten Syrer käme das einem kleinen Wunder gleich. Denn seit gut fünfeinhalb Jahren beherrschen Artilleriefeuer, Mörserangriffe und Fassbomben ihren Alltag. Und bisher war jede versprochene Waffenruhe in Syrien kaum das Papier wert, auf der sie verkündet wurde. Wird es der jetzt von den USA und Russland vereinbarten Feuerpause anders ergehen?

Ab Montagabend nach Sonnenuntergang, zu Beginn des islamischen Opferfestes, sollte ein Großteil der Kämpfe für zunächst 48 Stunden eingestellt werden. Nicht zuletzt um den Hilfsorganisationen zu ermöglichen, gerade die Menschen in belagerten Orten und Regionen mit Lebensnotwendigem zu versorgen.

Und tatsächlich: Mit Beginn der Waffenruhe sind die Kämpfe zunächst deutlich abgeflaut. Kurz nach dem Beginn der Feuerpause am Montag um 18.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit sei es in allen Teilen des Landes zunächst ruhig geblieben, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Hilfsorganisation Weißhelme sagt, dass zunächst keine Kampfjets mehr über der besonders umkämpften Großstadt Aleppo flögen. In den ersten Stunden ist die Waffenruhe offenbar eingehalten worden. Allerdings: Dass die Waffen tatsächlich dauerhaft schweigen werden, ist keineswegs ausgemachte Sache. So muss Moskau die Regierungstruppen von Machthaber Baschar al Assad überzeugen, dass sie sich an das Abkommen halten und Rebellengebiete nicht wie bisher bombardieren. Washington wiederum muss verbündete Rebellengruppen dazu bringen, die Abmachung einzuhalten.

US-Außenminister John Kerry sagte in Washington, die Waffenruhe sei "die vielleicht letzte Chance", Syrien zu retten. Nur eine politische Lösung sei eine "realistische Lösung" für den Konflikt, in dem bereits 290.000 Menschen getötet wurden.

Assad bekräftigt seinen Anspruch auf ganz Syrien

Beides wird ein sehr schwieriges Unterfangen. Kurz vor der geplanten Feuerpause bekräftigte Assad seinen Anspruch, über das gesamte Staatsgebiet zu herrschen. Ganz Syrien müsse von „den Terroristen“ zurückerobert werden. Diese Ankündigung wird viele Aufständische in ihrer Überzeugung bestätigen, dass dem Regime an einer friedlichen Lösung des blutigen Konflikts überhaupt nicht gelegen ist.

Eine der größten und einflussreichsten islamistischen Rebellenbrigaden, Ahrar al Scham, ist denn auch mit der amerikanisch-russischen Übereinkunft sehr unzufrieden. Diese würde allein der Regierung in Damaskus nutzen, die Revolution militärisch schwächen und die Not der Menschen erhöhen, hieß es in einer Erklärung. Vor allem ein Punkt ist für viele Aufständische im Grunde unannehmbar: Sie sollen ihre Kooperation mit der dschihadistischen Fatah al Scham einstellen. Doch die ehemalige Nusra-Front, die sich aus taktischen Gründen vor Kurzem von der Terrororganisation Al Qaida losgesagt und umbenannt hat, ist eine Art Elitetruppe der Rebellen. Ohne ihre Unterstützung dürfte das militärische Ende der moderaten Aufständischen besiegelt sein.

Skepsis gibt es auch beim wichtigsten politischen Oppositionsbündnis. Das Hohe Verhandlungskomitee fordert vor allem von den USA „Garantien“ für die Umsetzung der vereinbarten Waffenruhe. Die Frage sei, ob die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland sich an die Feuerpause hielten und „ihre Luftangriffe und ihre Verbrechen stoppen“.

Und: Die Kurden – im Syrienkrieg zentrale Akteure und effektive Gegner der Terrormiliz IS – sind anscheinend in die Beratungen über eine Feuerpause gar nicht einbezogen worden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will auf jeden Fall weiter gegen kurdische Milizen im Nachbarland vorgehen. Der syrische Ableger der Arbeiterpartei PKK, die Volksschutzeinheiten YPG, werde beseitigt, sagt er. Nach einem Ende der Gewalt klingt das nicht.

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