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Udo Pastörs ist wochenlang durch Mecklenburg-Vorpommern getourt.

© REUTERS

Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Eine politische Randerscheinung namens NPD

Udo Pastörs ist einer der letzten verbliebenen NPD-Abgeordneten in Deutschland – und plant schon einmal die außerparlamentarische Opposition.

Von Frank Jansen

Er hat es nochmal mit aller Macht versucht. Brachial, wie es seiner Mentalität entspricht. Udo Pastörs ist wochenlang durch Mecklenburg-Vorpommern getourt, hat gegen Flüchtlinge und die Homo-Ehe, die Landesregierung und vieles mehr agitiert. Er hat unzählige Plakate aufhängen lassen, pries sich selbst als "Der beste Mann für unser Land!" an. Genutzt hat es dem Chef der NPD-Landtagsfraktion wenig. Zu wenig.

Seit Wochen zeichnet sich ab, dass es die rechtsextreme Partei nach zehn Jahren nicht mehr in den Landtag schafft. Die NPD kam in Umfragen nur noch auf drei Prozent, die Hälfte des Ergebnisses von 2011. Damals war die Partei zum zweiten Mal in Folge ins Schweriner Schloss eingezogen. Nun verliert die NPD ihre bundesweit letzte Fraktion und schrumpft politisch endgültig zur Randerscheinung. Die Erfolge, die die Partei vor allem in Ostdeutschland hatte, sind vergessen. Vor zwei Jahren musste die NPD bereits die Sitze im sächsischen Landtag räumen.

Pastörs hat den Hauptschuldigen für das Debakel schon ausgemacht, bevor die Wahllokale überhaupt geschlossen haben. Am Telefon ist seiner Stimme der Ärger anzuhören: "Das Plagiat", sagt Pastörs, sei schuld. Gemeint ist die Alternative für Deutschland. "Da kann das Produkt noch so faul sein, die Leute kaufen die Aktie", sagt Pastörs. Er war früher mal Goldhändler und weiß, was es heißt, wenn die Nachfrage nach dem eigenen Produkt einbricht. Der AfD jedenfalls habe die NPD wenig entgegenzusetzen, gibt er zu. Allerdings empfinde er auch „ein gewisses Wohlwollen“. Die "Meinungsdiktatur", immerhin das habe der Erfolg der AfD gezeigt, sei in Deutschland gestoppt. "Die ständige Therapie, auf linksliberal gedreht zu werden, krankhaft vom Kindergarten bis zur Universität, das scheint sich nicht mehr weiterzuentwickeln", sagt er. Eine Weile schimpft er noch auf die "Lügenpresse", dann legt er auf.

Udo Pastörs provozierte strafrechtliche Ermittlungen gegen sich selbst

Dass Pastörs und seine "Kameraden" im Schweriner Landtag auch selbst den Niedergang zu verschulden haben, ist dem 64-Jährigen nicht in den Sinn gekommen. Dabei lässt sich die Leistung der NPD-Fraktion, in der ersten Legislaturperiode waren es sechs Abgeordnete, dann fünf, mit einem Wort zusammenfassen: Krawall. In den zehn Jahren haben die Rechtsextremen wegen Pöbeleien und Hetzreden insgesamt 760 Ordnungsrufe kassiert, Rekord. 114 Mal entzog das Parlamentspräsidium NPD-Abgeordneten das Wort, 76 Mal wurden sie sogar von der Sitzung ausgeschlossen. Und Pastörs provozierte strafrechtliche Ermittlungen gegen sich selbst.

In der Sitzung vom 28. Januar 2010, einen Tag nach dem Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, hielt der NPD-Mann eine Rede zum Antrag seiner Fraktion, ein Denkmal für die Toten der "Wilhelm Gustloff’“ zu errichten. Das deutsche Kreuzfahrtschiff war im Januar 1945, vollbeladen mit Flüchtlingen, von einem sowjetischen U-Boot torpediert worden. Ungefähr 9000 Menschen starben. Pastörs nutzte den Antrag, um seiner Wut über die Gedenkveranstaltung des Landtags vom Vortag für die Opfer des Holocaust freien Lauf zu lassen. "Was Sie gestern hier im Schloss wieder veranstaltet haben, war nichts anderes, als dem deutschen Volk ebenso raffiniert wie brutal ihre Auschwitzprojektionen überzustülpen", rief er in den Saal. Die Proteste der übrigen Abgeordneten stachelten ihn nur noch mehr an. "Sie, meine Damen und Herren, hoffen auf den Sieg der Lüge über die Wahrheit." Als dann der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Nieszery in seiner Rede Pastörs kritisierte, gab es den nächsten Eklat. Nieszery benannte die verbrecherischen Pläne des NS-Regimes, darunter die "Vernichtung des jüdischen Bolschewismus". Pastörs rief, "war eine gute Idee".

Selbst wenn die NPD überleben sollte, wachsen ihre Probleme

Der Landtag hob Pastörs Immunität auf, die Staatsanwaltschaft ermittelte. Das Amtsgericht Schwerin verurteilte Pastörs 2012 wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Verleumdung zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Wegen solcher und anderer Vorfälle hat der Bundesrat Antrag auf ein Verbot der NPD gestellt. Die Länderkammer hält der Partei eine aggressiv kämpferische Haltung gegen die demokratische Grundordnung vor. Nun könnte ausgerechnet die Wahlniederlage in Mecklenburg-Vorpommern dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die Partei doch nicht verbietet.

Die NPD ist jetzt derart marginalisiert, dass ein Verbot mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kollidieren könnte. Im Bundesrat warnten deshalb schon vor der Wahl einige Politiker, ein Rauswurf der NPD aus dem Landtag sei womöglich nicht nur Anlass zur Freude.

Doch selbst wenn die Partei überleben sollte, wachsen ihre Probleme. Der Abschied in Schwerin bedeutet auch finanzielle Einbußen. Pro Jahr kassierte die Fraktion etwa 1,4 Millionen Euro. Durch den Verlust wird die Geldnot der NPD noch drückender. Udo Pastörs spricht deshalb schon von einem "Plan B", gemeint ist Politik jenseits der Landtage. Und der Parteichef in Mecklenburg-Vorpommern, Stefan Köster, hat bereits einen Namen parat: "Napo, nationale außerparlamentarische Opposition".

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