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Wahlsieger Tomislav Nikolic befeuert die Furcht vor einem Politikwechsel Serbiens.

© AFP

Update

Wahl in Serbien: Brüssel redet Wahlsieger Nikolic ins Gewissen

Aus Brüssel wird die Ermahnung laut, der Wahlsieger dürfe die Beziehungen zur EU und zum Kosovo nicht gefährden. Serbiens neuer Präsident Nikolic war einst radikaler als Milosevic, nun ist er auf EU-Kurs.

Das Kosovo war nicht das erste Thema, das Tomislav Nikolic nach seinem Wahlsieg angesprochen hat. Serbiens neuer Präsident will sein Land vielmehr „auf EU-Kurs halten“, wie er am Sonntag nach Bekanntwerden seines Wahlsieges über den bisherigen Amtsinhaber Boris Tadic sagte. Das klingt beruhigend, zumal aus dem Munde eines Mannes, der einst gegen Slobodan Milosevic opponierte, weil dieser ihm nicht radikal genug war. Doch Nikolic hat mit der Vergangenheit gebrochen. Zumindest verbal. Statt einem Großserbien das Wort zu reden, wie damals, als er seine politische Heimat noch bei der Radikalen Partei hatte, tritt er nun für die Integration der Staaten des westlichen Balkan in die EU ein. Eine Distanzierung von serbischen Kriegsverbrechen hat man von ihm allerdings noch nicht gehört. Das Massaker von Srebrenica bezeichnete Nikolic noch 2007 als Erfindung des französischen Geheimdienstes. Über seine eigene Rolle im Krieg hat er ebenfalls keine Rechenschaft abgelegt.

Mit 60 Jahren erlebt Nikolic nun „den Höhepunkt meiner politischen Karriere“, wie er sagt. Was er sich vorgenommen hat, klingt vielversprechend. Die Wirtschaft will er stärken, Korruption bekämpfen und sogar die Netzwerke der alten Milosevic-Clique zerstören. „Wir müssen die Partisanen-Oligarchie loswerden“, sagte er am Wahlabend. Das hatte schon Tadic versucht, ohne durchgreifende Erfolge vorweisen zu können. Doch vielleicht kann einer wie Nikolic, der am Ende der alten Ära noch Vizepremier unter Milosevic wurde, die alten Seilschaften besser knacken als Tadic. Voraussetzung dafür ist, dass Serbien eine handlungsfähige Regierung bekommt. Anfang Mai wurde auch ein neues Parlament gewählt, die Regierungsbildung lag aber zunächst auf Eis.

Denkbar ist, dass die reformierten Sozialisten statt wie angekündigt weiter mit Tadics Demokraten nun mit Nikolics Fortschrittspartei koalieren. „Das birgt allerdings die Gefahr, dass Serbien früher oder später wieder auf die nationalistische Karte setzt, wenn die Wirtschaftspolitik keine Erfolge zeigt“, sagt die Grünen-Politikerin und Balkankennerin Marieluise Beck. Sie fürchtet, dass Nikolic und besonders Sozialistenchef Ivica Dacic – der wohl Premier wird – dann auf das Thema Kosovo zurückfallen. „Und da die EU in der Kosovo-Frage nicht einig ist, könnte dies am Ende auf eine Teilung des Kosovo hinauslaufen“, erklärt sie. Eine Rückführung des von Serben bewohnten Nordteils des Kosovo im Tausch gegen albanisch besiedelte Gebiete in Serbien hält Beck indes für unverantwortlich. Das könne einen Schwelbrand an die gesamte Region mit ihren ungelösten ethnischen Konflikten legen, warnt sie. „Auf dem Westbalkan ist lange genug herumgemurkst worden.“

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