zum Hauptinhalt
Bei der Präsidentenwahl in Zypern hat der rechtskonservative Kandidat Nikos Anastasiades einem Fernsehbericht zufolge gewonnen.

© AFP

Update

Wahl in Zypern: Über Zyperns neuen Präsidenten wird in Stichwahl entschieden

Der konservative Politiker Anastasiades hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Zypern zwar deutlich gewonnen, doch verfehlte er die absolute Mehrheit. Gleichzeitig bat Zypern Deutschland um Zustimmung zu Hilfskrediten aus dem Eurorettungsfonds.

Über den neuen zyprischen Präsidenten wird in einer Stichwahl entschieden: Wie die Behörden am Sonntag nach der Auszählung von 99 Prozent der Stimmen mitteilten, gewann der konservative Politiker Nikos Anastasiades mit 45 Prozent der Stimmen klar die erste Runde, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Er tritt in einer Stichwahl am kommenden Sonntag gegen den Ex-Gesundheitsminister Stavros Malas an, der auf 27 Prozent der Stimmen kam. In Nachwahlbefragungen war zuvor noch die Rede von einem Sieg Anastasiades' gewesen. In den Straßen der Hauptstadt Nikosia gab es daraufhin Hupkonzerte von Anhängern des Chefs der konservativen Oppositionspartei Disy. Diese verstummten später am Abend allerdings wieder. Der parteilose frühere Regierungschef Giorgos Lillikas, der von den Sozialisten unterstützt wird, landete den Angaben zufolge mit 25 Prozent der Stimmen knapp hinter Malas auf dem dritten Rang. Anastasiades' Sprecher Tassos Mitsopoulos sagte bereits nach Bekanntwerden der ersten Schätzungen, das zyprische Volk habe entschieden, „ein neues Kapitel aufzuschlagen“. Diese Botschaft sei eindeutig. Gleichwohl würden die offiziellen Ergebnisse abgewartet, sagte er vor der Bekanntgabe, dass eine Stichwahl nötig sein würde. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Behörden bei rund 83 Prozent und damit deutlich unter der Beteiligung an früheren Abstimmungen, zu denen meist mehr als 90 Prozent der Wähler gegangen waren. In Zypern herrscht Wahlpflicht, und theoretisch sind Bußgelder von mehreren hundert Euro möglich. Das Gesetz wird jedoch zunehmend seltener angewandt. Zypern hatte inmitten einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise gewählt. Im Juni hatte das Land eine Anfrage auf Hilfe aus dem Eurorettungsfonds gestellt und benötigt nach eigenen Angaben rund 17 Milliarden Euro. Der 66-jährige Anastasiades hatte im Wahlkampf die Notwendigkeit strikter Sparmaßnahmen betont, um Vorgaben der internationalen Gläubiger zu erfüllen. Sein 45-jähriger parteiloser Konkurrent Malas, der von der regierenden kommunistischen Partei Akel des scheidenden Präsidenten Demetris Christofias unterstützt wird, trat dagegen für eine Entschärfung der möglichen Sparauflagen ein. Laut einem Bericht der „Bild"-Zeitung vom Samstag untersuchen Experten von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) auch die finanziellen Folgen eines Staatsbankrotts Zyperns. Betroffen von einer Pleite Zyperns wäre demnach vor allem Griechenland. Dort unterhalten zyprische Großbanken ein Filialnetz mit mehr als zehn Prozent der griechischen Spareinlagen. Ohne Hilfsgeld würden diese Banken pleite gehen.

Zypern hat gleichzeitig an den Bundestag appelliert, dem Milliarden-Hilfsprogramm für den Inselstaat zuzustimmen. „Wir bitten nur um die Solidarität, die wir zuvor gegenüber anderen Ländern gezeigt haben. Wir bitten nicht um Geschenke“, sagte Zyperns Botschafter Minas Hadjimichael der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Das Hilfsprogramm werde Zypern mit Zins und Zinseszins zurückzahlen. „Wir haben auch unseren Stolz und unsere Würde. Alles, was wir wollen, ist ein Darlehen.“ Die Europäische Zentralbank setzt auf Zugeständnisse der zukünftigen Regierung in Nikosia. „Wir brauchen vor Ort einen Ansprechpartner, mit dem man ein Anpassungsprogramm verhandeln kann“, sagte das EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Viele EU-Länder setzen auf den möglichen neuen Präsidenten Aastasiades. Zyperns potenzielle Geldgeber verlangen gewisse Vorleistungen, bevor das Hilfsprogramm beschlossen werden kann. „Um die Schuldentragfähigkeit sicherzustellen, werden wir beispielsweise weitreichende Privatisierungen brauchen“, sagte Asmussen. „Das hatte der bisherige Präsident (Dimitris Christofias) abgelehnt. Jetzt werden wir gucken, ob man bis Ende März ein solches Programm vernünftig verhandeln kann.“ Nur noch bis Ende März ist nach offiziellen Angaben Geld in den Staatskassen.
Zypern hatte einen Antrag auf Hilfen im Sommer 2012 gestellt.
Dabei geht es nach bisherigem Stand um Hilfskredite im Volumen von etwa 17,5 Milliarden Euro, darin enthalten sind auch rund 10 Milliarden Euro Bankenhilfe.
Die zyprischen Banken könnten einem Medienbericht zufolge weniger Hilfen als bisher erwartet benötigen. Das berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ/Samstag) unter Berufung auf ein Gutachten der Investmentgesellschaft Pimco im Auftrag der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB). Demnach brauchen die maroden Institute zwischen 5,9 und 8,8 Milliarden Euro - je nachdem, welches Risikoszenario zugrunde gelegt wird. Durch den geringeren Kapitalbedarf der Institute könnte das Volumen des Gesamtpaketes dem „FAZ“-Bericht zufolge nun auf etwas über 16 Milliarden Euro sinken.
Eine schnelle Einigung auf ein Hilfspaket sei dadurch aber nicht wahrscheinlicher geworden, schreibt die Zeitung. Die zyprische Regierung sperre sich gegen den Beschluss der Eurogruppe, dass eine internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor Ort kontrolliert, ob die in Zypern verabschiedeten Anti-Geldwäsche-Gesetze wirksam angewendet und durchgesetzt werden.
Botschafter Hadjimichael sagte, die Vorwürfe, Zypern sei ein internationales Drehkreuz für Geldwäsche, seien „unbegründet und unfair“. Er räumte ein, dass es in Zypern wegen seiner geografischen Lage und seines Bankensektors ein Risiko gebe, „dass wir für Geldwäsche missbraucht werden“.
Wann der Bundestag über Hilfen für Zypern abstimmt, ist noch unklar. Deutschland hält sich nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung (Samstag) ein Nein auch weiterhin offen. Experten der Troika berechnen nach Informationen der Zeitung - auch auf Druck aus Berlin - auch die finanziellen Folgen eines Staatsbankrotts. Eine Pleite Zyperns würde demnach vor allem Griechenland treffen. Banken anderer Euro-Staaten wären den „Bild“-Informationen zufolge dagegen kaum betroffen. (AFP,dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false