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Politik: Wahl ohne Wähler

Nepals König wollte sich einen demokratischen Anschein geben – ohne Erfolg

Die von König Gyanendra angeordneten Kommunalwahlen in Nepal sind am Mittwoch zur Farce geraten. Nach Gewalt, Anschlägen und Boykottaufrufen gab es weder genug Kandidaten noch Wähler. Nur wenig Menschen kamen nach Medienberichten in die Wahllokale, viele blieben wohl aus Angst vor Anschlägen fern. Am Tag der Wahlen wurden nach Armee- und Polizeiangaben acht maoistische Rebellen und ein Polizist bei Scharmützeln in verschiedenen Landesteilen getötet. In der Hauptstadt Kathmandu patrouillierten am Mittwoch schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten. Sie waren angewiesen, auf jeden zu schießen, der die Wahlen stört.

Die Wahlen – die ersten seit sieben Jahren in dem Himalaya-Staat – hatten sich zur offenen Machtprobe zwischen dem König und seinen Gegnern ausgewachsen: Eine Allianz der sieben größten Parteien sowie die maoistischen Rebellen hatten zum Boykott aufgerufen, um zu demonstrieren, dass der absolutistisch regierende Monarch weder den Rückhalt der Menschen noch die politische oder militärische Macht hat, die Wahlen durchzusetzen. Nach ihrer Ansicht sollte der Urnengang nur dazu dienen, seinem absolutistischen Regime einen demokratischen Anstrich zu verleihen.

Tatsächlich mangelte es nicht nur an Wählern, sondern auch an Kandidaten. Von vornherein bewarben sich nur 3600 Kandidaten für die 4146 Sitze. Mit Gewalt und Anschlägen schüchterten die Rebellen zudem weitere Bewerber ein, mindestens zwei wurden getötet. Am Ende kandidierte für 2251 Sitze niemand mehr. Lediglich für 740 Sitze gab es mehr als einen Bewerber.

Gyanendra hatte vor einem Jahr die Regierung abgesetzt, selbst die Macht an sich gerissen und die Presse der Zensur unterworfen. Internationale Beobachter hatten die Wahl schon im Vorfeld als reine Augenwischerei kritisiert. „König Gyanendra beschwört eine Konfrontation herauf, indem er Wahlen erzwingt, die weder frei, fair noch glaubwürdig sein werden“, warnte die angesehene International Crisis Group in einem Bericht. Seinen Putsch hatte Gyanendra damit begründet, nur so lasse sich der maoistische Aufstand niederschlagen.

Die Rebellen kämpfen seit 1996 für die Abschaffung der Monarchie und die Errichtung einer kommunistischen Volksrepublik. Seit Beginn der Kämpfe starben mehr als 11 000 Menschen. Von Ruhe und Frieden scheint das Land ein Jahr nach der Machtergreifung des Königs jedoch immer weiter entfernt. So wurden bei Kämpfen zwischen Maoisten und Armee im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 1600 Menschen getötet. Das Asiatische Zentrum für Menschenrechte glaubt, weder Gyanendra noch die Armee habe echtes Interesse am Frieden, weil dies ihre Herrschaft über Nepal in Frage stellen würde. So habe die Armee die Rebellen gezielt provoziert, als diese einseitig einen Waffenstillstand erklärten.

Gyanendra verliert aber zusehends an Rückhalt, seine Macht fußt vor allem auf der Armee. In Nepal wird bereits über einen Sturz spekuliert. Einige schließen einen Militärputsch nicht mehr aus, andere glauben, der König werde mit seiner Familie aus dem Land fliehen – und damit faktisch das Ende der fast 240-jährigen Hindu-Monarchie in Nepal einläuten.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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