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Politik: Wahl-Phantome

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Gut, die Wahl mag schon halb vergessen sein, zumindest bei Rot-Grün, wo der koalitionäre Alltag Einzug hält. Aber eine ganz wesentliche Frage ist übersehen worden.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Gut, die Wahl mag schon halb vergessen sein, zumindest bei Rot-Grün, wo der koalitionäre Alltag Einzug hält. Aber eine ganz wesentliche Frage ist übersehen worden. Die entscheidende Aufklärung über das Resultat des 22. Septembers steht noch aus. Ist Jakob Mierscheid der Wiedereinzug in den Bundestag gelungen? Oder ist er der allmählichen Verjüngung der SPD zum Opfer gefallen? Sie wissen, Jakob Mierscheid ist ein unscheinbarer Abgeordneter, der seit ewiglichen Jahren zum Bundestag gehört, wie Bayern zur CSU. Undenkbar das eine ohne das andere. Mierscheid pflegt sich sporadisch, aber dafür umso prägnanter zu Wort zu melden, wenn es um Denkwürdiges aus dem Alltäglichen geht. Er schreibt gern Faxe, in denen steht, dass er als gängigen Zwischenruf nicht „hört, hört!“ sondern vielmehr „unerhört!“ zu verwenden pflegt. In den parlamentarischen Sprachgebrauch hat Mierscheid die Abkürzung „Küdibe“ eingeführt, was für „künftigen Distanzierungs-Bedarf“ steht. Mierscheid ist eben ein Meister der unscheinbaren Abgeordneten-Routine. Er ist so unscheinbar, dass es herkömmliche Nachweise seiner Existenz, wie Fotos, nicht zu geben scheint. Eine Chimäre, aber bedeutsam, wie Thomas Pynchon auf dem Felde der Literatur. Kneipen sind nach Mierscheid benannt. Nun fragen wir also und verlangen Aufklärung, auch wenn hierfür die Koalitionsverhandlungen unterbrochen werden müssten: Ist Jakob Mierscheid wiedergewählt worden? Hat er ein Direktmandat erobert? Ein Überhangsmandat? Ist er auf einer Landesliste wieder in sein Hinterbänkler-Dasein befördert worden? Oder bricht die Sozialdemokratie auch mit jenen Traditonen, für die Mierscheid steht, das Ältere, Männliche, Westdeutsche? Gibt es vielleicht statt seiner nun eine neue Abgeordnete, die im Hintergrund wirkt, eine 41-jährige Oberregierungsrätin vielleicht, Gerlinde Süntezothel-Molz beispielsweise? All dies beweist nur wieder: Die wahren Rätsel der Gegenwart – Wahlen lösen sie nicht! Robert von Rimscha

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