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Wahl-Weise: Wer befreit die Kanzlerin?

Malte Lehming liest den "Economist" und fahndet nach Merkels Ich.

Deutschland ist nicht fertig mit ihr. Denn es ist wie verhext. Je näher das Land Angela Merkel kam, desto verschwommener wurden ihre Konturen. Weitsichtige kennen das Phänomen, Romantiker auch, keine Frau ohne Rätsel. Selbst Psychenerforscher wie Sigmund Freud quält das Thema bis zuletzt: „Die große Frage, die ich trotz meines dreißigjährigen Studiums der weiblichen Seele nicht zu beantworten vermag, lautet: Was will eine Frau?“ Diese Frau, will man ergänzen, die Kanzlerin.

Keiner weiß es. Ist sie so, wie sie die letzten vier Jahre war – konsensfixiert, konfliktscheu, ausgleichend, sozialdemokratisch, irgendwie prinzipienlos? Oder wurde sie in diese Rolle nur durch die Zwangsehe mit der SPD gedrängt? Ist sie in Wahrheit aber, wie sie sich auf dem Leipziger Parteitag präsentierte – radikalreformerisch, konservativ, vorausschauend?

Das britische Magazin „Economist“ weiß es auch nicht, brennt aber vor Neugier und ruft daher auf dem Titel zur Befreiung von „Angela“ auf („Set Angela free“). An Beispielen für die maroden Strukturen in Deutschland fehlt es in der Geschichte natürlich nicht. Etwa: Zwar arbeiten relativ viele deutsche Frauen, aber weil es zu wenig Ganztagsschulen und Kindergartenplätze gibt und Zweiteinkommen in der Familie recht hoch besteuert werden, zählt die Gesamtzahl der Arbeitsstunden in Deutschland zu den niedrigsten in der OECD.

Es gibt viele Gründe, zur Wahl zu gehen. Einer könnte tatsächlich sein, endlich das Rätsel Merkel zu knacken.

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