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Auf den letzten Metern: Stefan Mappus droht am kommenden Sonntag eine Niederlage bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg.

© Reuters

Die Landtagswahlen im Überblick: Warten auf den Super-Sonntag

Sieben Landtage werden in diesem Jahr neu gewählt, am nächsten Wochenende wird in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt. Bei Niederlagen für die Union steht auch die Koalition im Bund auf dem Spiel.

Alles wie gehabt: Die Wahl in Sachsen-Anhalt bringt wohl keine Veränderungen. Die SPD will keinen linken Ministerpräsident, die Linken wollen in einer rot-roten Koalition nicht auf ihren legitimen Führungsanspruch verzichten, bleibt also nur eine Fortführung der schwarz-roten Regierungskoalition.

Für die CDU bedeutet das Ergebnis ein wenig Erholung in turbulenten Zeiten: Trotz Atomdebatte und der Causa Guttenberg verteidigen die Christdemokraten einen Landtag, ein wichtiges Signal für die Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am kommenden Sonntag. Dort geriet der Atomkraftbefürworter a.D. Stefan Mappus wegen der Ereignisse um die Reaktoren im japanischen Fukushima zuletzt arg in Bedrängnis, auch in Rheinland-Pfalz dürfte die CDU es schwer haben gegen die SPD von Amtsinhaber Kurt Beck.

Die SPD ist derweil zurück auf dem Boden der Tatsachen: Nach Olaf Scholz' Sensationssieg bei der Hamburg-Wahl konnte Jens Bullerjahn in Sachsen-Anhalt kein Kapital aus der Schwäche der Union schlagen - die SPD stagnierte auf Platz 3 des Parteienspektrums hinter den Linken. Anders die Grünen: Die Anti-Atom-Partei befindet sich klar im Aufwind und ersetzt die schwächelnde FDP im Magdeburger Landtag. Nun wartet alles auf den Super-Wahlsonntag mit den Wahlen im Südwesten.

Ein Überblick über ein richtungweisendes Jahr.

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

HAMBURG, 20. Februar

Hamburg hat gewählt: Bei den vorgezogenen Neuwahlen kam SPD-Herausforderer Olaf Scholz auf 48,3 Prozent und kann mit 62 von 121 Sitzen in der Hamburger Bürgerschaft alleine regieren. Die CDU um Christoph Ahlhaus stürzte auf 21,9 Prozent ab, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1946. Nahezu stagniert: Die Grünen bei 11,2 Prozent. Die Linke ist mit 6,4 Prozent drin, die FDP mit 6,6 Prozent auch, Spitzenkandidatin Katja Suding konnte ihren Wahlkreis in Blankenese sogar direkt gewinnen.

Damit hat der Bruch der schwarz-grünen Koalition nicht nur, wie erwartet, der CDU schwer geschadet, auch die Grünen konnten ihren Aufwärtstrend der letzten Monate überraschend deutlich nicht bestätigen. 2008 war das erste schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene geschmiedet worden, zwei Jahre später zerbrach die Koalition. Am 28. November vorigen Jahres, nur 100 Tage nach der gescheiterten Schulreform und dem Rückzug von Bürgermeister Ole von Beust (CDU), verkündete die Grün-Alternative-Liste (GAL), der Hamburger Landesverband der Grünen, ihren Ausstieg aus der Regierungskoalition, am Folgetag demissionierte von Beusts glückloser Nachfolger Christoph Ahlhaus die grünen Senatoren und stoppte grüne Herzensprojekte wie den geplanten Bau der Stadtbahn.

Trotz des neuen Wahlsystems und dem Einzug von FDP und Linken: Der SPD-Sieg war derart deutlich, dass Olaf Scholz nun mit absoluter Mehrheit alleine regieren kann, das gab's in Hamburg zuletzt vor 1997. Damit sind nun zwei Länder komplett rot auf der Deutschlandkarte, zumindest bis zum 27. März: Dann wird in Rheinland-Pfalz, wo derzeit noch Kurt Beck mit absoluter Mehrheit regiert, gewählt.

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

SACHSEN-ANHALT, 20. März

Auch in Sachsen-Anhalt sind die Würfel nun gefallen - hier ist das Ergebnis allerdings deutlich weniger spektakulär als in Hamburg: Zwar gibt die CDU um fast vier Prozentpunkte auf 32,5 nach, doch weil die Verfolger von Linken und SPD nicht profitieren können und bei 23,7 respektive 21,5 Prozent stagnieren, bleibt wohl alles beim Alten, das heißt: bei einer großen Koalition aus SPD und CDU. Rot-Rot wäre zwar rechnerisch möglich, doch weil die privat befreundeten Spitzen Jens Bullerjahn (SPD) und Wulf Gallert (Linke) beide nicht von ihrem Führungsanspruch abrücken wollen, ist das keine echte Alternative.

Ein großes Desaster erlebte dagegen die FDP, von 6,7 stürzten die Liberalen auf 3,8 Prozent, der positive Trend aus der Hamburg-Wahl konnte nicht bestätigt werden. Schlimmer noch: Die Liberalen lagen noch hinter der NPD, die den Einzug mit 4,6 Prozent denkbar knapp verpasste. Jubel dagegen bei den Grünen - ein Neueinzug in einen ostdeutschen Landtag mit satten 7 Prozent ist ein deutliches Ausrufezeichen für die Ökopartei, die zuletzt in Hamburg schwächelte. Im Gegensatz zur SPD konnte sie dabei wohl auch Wähler mobilisieren, die angesichts der Störfälle im japanischen AKW Fukushima die Atomkraft in Deutschland mit Sorge betrachten.

Eine positive Entwicklung zeigte sich bei der Wahlbeteiligung, die mit 51,3 Prozent deutlich höher lag als zuletzt 2006 (44,4).

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Feburar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

BADEN-WÜRTTEMBERG, 27. März

Nur eine Woche später wird es nun richtig spannend. In Baden-Württemberg wird der nächste Landtag für fünf Jahre gewählt. Nach den monatelangen Protesten um das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird die Wahl eine der wichtigsten für Schwarz-Gelb. Das Land mit der dritthöchsten Einwohnerzahl nach Nordrhein-Westfalen und Bayern hat sechs Stimmen im Bundesrat und wird seit 1953 durchgehend von CDU-Ministerpräsidenten regiert. Zuletzt übernahm Stefan Mappus Anfang 2010 in der Legislaturperiode von Günther Oettinger. Seit 1996 regieren CDU und FDP gemeinsam und würden es wohl gern auch weiterhin tun. Das allerdings wird schwierig. Gemeinsam kamen die beiden zuletzt nur noch auf 47 Prozent. Mappus hat durch seinen harten Kurs bei Stuttgart 21 nicht nur in der Bevölkerung viele Sympathien verspielt. Zuletzt setzten die Ereignisse um das japanische Atomkraftwerk Fukushima den AKW-Befürworter Mappus, der sodann kein solcher mehr sein wollte, unter Druck.

Derzeit deutet dennoch manches auf eine große Koalition hin, was vor allem für die Grünen bitter wäre. Die großen Gewinner der Proteste und Diskussionen um Stuttgart 21 würden mit ihrem Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann derzeit ihr Ergebnis von 2006 mehr als verdoppeln und auf 25 Prozent kommen. Für eine Koalition mit der SPD, die von Stuttgart 21 kaum profitieren konnte und derzeit bei etwa 20 Prozent liegt, reicht es allerdings nicht und die Differenzen mit der CDU scheinen unüberwindbar. Sollten die Linken die Fünf-Prozent-Hürde knacken, wird sowieso alles neu gemischt. 

Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

RHEINLAND-PFALZ, 27. März

Hier, wo Kurt Beck seit über 16 Jahren regiert, so lange wie kein anderer der aktuellen Ministerpräsidenten, kann sich auch niemand etwas anderes vorstellen als genau das: eine SPD-geführte Regierung unter Kurt Beck. 2006 holte der 62-Jährige sogar die absolute Mehrheit. Beck tritt auch noch einmal an, vielleicht um die Schmach seines durchaus heftigen Scheiterns auf Bundesebene als SPD-Bundesvorsitzender durch den Rekord des am längsten regierenden Ministerpräsidenten zu schmälern. Dazu müsste er seinen Vor-Vor-Vor-Vor-Vorgänger Peter Altmeier überrunden: Der CDU-Politiker regierte das Land von 1947 bis 1969.

Doch es wird eng für den 62-jährigen: Derzeit liegt seine SPD (38) nur noch zwei Prozentpunkte vor der CDU seiner 22 Jahre jüngeren Mitbewerberin Julia Klöckner. Zuletzt erschütterten heftige Anschuldigungen der Opposition, Justizminister Heinz Georg Bamberger habe bei Richterernennungen gemauschelt, die Regierung. Aktuell würde es für die SPD nicht mehr für eine absolute Mehrheit reichen, und mit Koalitionspartnern wird es schwierig: Der langjährige Partner FDP steht zuletzt unverändert bei fünf Prozent vor dem Scheitern, bleiben noch die Grünen, die derzeit bei 12 Prozent liegen. Das würde knapp für eine rot-grüne Mehrheit reichen, die Kurt Beck wohl am liebsten wäre. Die Linken haben in den letzten Umfragen einen Prozentpunkt verloren und kommen nur noch auf vier Prozent. Mit Ersteren sind verkehrspolitische Großprojekte wie die umstrittene Mittelrheinbrücke nicht zu machen, mit Letzteren wird es Reibungspunkte bei der Wirtschaftspolitik geben. 

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

BREMEN, 22. Mai

Auch im kleinsten deutschen Bundesland wird 2011 gewählt. Im Bundesrat, wo Bremen wie Hamburg drei Sitze hat, ist das Land eine sichere Bank für die SPD, die  in der Hansestadt seit 1949 immer die Regierung angeführt hat. Jens Böhrnsen steht seit 2007 einer rot-grünen Regierung vor, die drei großen Koalitionen unter Henning Scherf nachfolgte. Es sieht so aus als könne der 61-Jährige weiterregieren, der im vergangenen Frühling als Bundesratspräsident kurz einmal unerhofft zum Bundespräsidenten auf Zeit wurde, als Horst Köhler zurücktrat. Böhrnsen will mit den Grünen weiterregieren. Man arbeite „fair und erfolgreich“ zusammen, sagte er im Januar der Nordwest-Zeitung, „es spricht vieles dafür, die Zusammenarbeit fortzusetzen.“

Die Umfragen scheinen Böhrnsen zu bestätigen: Obwohl Bremen auch unter Böhrnsen die Schulden-Hitparade der Bundesländer anführt und bei der Pisa-Studie auf keinen grünen Zweig kommt, bescheren sie dem 61-jährigen einen komfortablen Vorsprung von gut zehn Prozent vor der CDU, die nur auf 23 Prozent kommt. Deren Spitzenkandidatin, Gesundheits- und Sozialexpertin Rita Mohr-Lüllmann, kann Böhrnsen kaum gefährlich werden, vor allem nicht bei derzeit starken Grünen um die 20 Prozent. Auch Linke und FDP dürften in Bremen kaum eine Rolle spielen. 

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

MECKLENBURG-VORPOMMERN, 4. September

Ähnlich verhält es sich in Mecklenburg-Vorpommern, wo 2008 Erwin Sellering (SPD), bis dato Sozialminister, das Amt des Ministerpräsidenten von Harald Ringstorff erbte. Die große Koalition, die 2006 eine rot-rote ablöste, hat diesen Wechsel gut überlebt und wird, wie es aussieht, auch nach der Wahl für weitere fünf Jahre regieren. In den letzten Umfragen legten beide Koalitionspartner leicht zu, die SPD auf 32, die CDU auf 29 Prozent. Die Linke, die mit dem eigenen Spitzenkandidaten Helmut Holter in den Wahlkampf ging, gibt ein wenig nach, auf 15 Prozent.

Für die Wähler wird es etwas schwer, klare Entscheidungen zu treffen, alle großen Parteien sind eng miteinander vernetzt: Natürlich würde der jetzige Innenminister Lorenz Caffier Sellering gern beerben, doch ein Frontalangriff auf den Koalitionspartner ist von dem ruhigen Law-and-Order-Mann nicht zu erwarten. Linken-Frontmann Holter war von 1998 bis 2006 Minister für Arbeit, Bau und Soziales unter Harald Ringstorff und schon immer linker Realo, der selbst an den Agenda-Reformen nicht alles schlecht fand. Die kleinen Parteien sind angesichts dieses Dreierpacks relativ bedeutungslos: Die FDP fällt von 9,6 auf sechs Prozent, dafür könnten die Grünen mit acht Prozent erstmals einziehen. Für die NPD, die 2006 erstmals in den Landtag einzog, wird es erfreulicherweise eng. Die rechtsradikale Partei kam zuletzt nur noch auf fünf Prozent. 

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September´

BERLIN, 18. September

Richtig spannend wird es noch einmal bei der letzten Landtagswahl des Jahres: in Berlin. Seitdem 2001 der Bankenskandal die große Koalition unter CDU-Führung zu Fall brachte, regiert Klaus Wowereit (SPD), zunächst übergangsweise in einer von der PDS regierten Minderheitenregierung mit den Grünen, seit 2002 in einer rot-roten Koalition. Als im November die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, verkündete, sie wolle den vermeintlich amtsmüden Wowereit in Berlin beerben, sah es für ihre Partei gar nicht so schlecht aus: Bei einer Forsa-Umfrage im August hatten die Grünen erstmals vor der SPD gelegen, seitdem befand man sich in etwa auf Augenhöhe. Widersprüchliche Aussagen Künasts zur Geschwindigkeitsbegrenzung im Stadtgebiet, zum Flughafen BBI und ein Lavieren rund um die Räumung des Hausprojekts Liebig 14 kosteten aber Sympathien.

Derzeit liegen die Grünen in den Umfragen nur noch bei 23 Prozent, gleichauf mit der CDU, die mit Spitzenkandidat Frank Henkel nun offensichtlich endlich wieder Berliner Boden unter die Füße bekommt. Fünf Prozentpunkte davor: Wowereits SPD, die im Angesicht der starken Grünen noch einmal richtig Lust am Regieren bekommen hat. Der Ur-Berliner Wowereit, der zuletzt wegen diverser Themen (BBI-Flugrouten, A 100, Howoge) in der Kritik stand, scheint den Berlinern dann doch lieber als die gebürtige Recklinghäuserin Künast.

Momentan deutet also alles auf Wowereit, doch bis September ist es noch lang. Ob Wowereit dann wieder mit den Linken, die mit Wirtschaftssenator Harald Wolf ebenfalls einen Spitzenkandidaten stellen, in einer großen Koalition mit der CDU oder doch im Dream-Team mit Renate Künast regieren will, wird sich zeigen.

Alle Landtagswahlen 2011:
Hamburg, 20. Februar
Sachsen-Anhalt, 20. März
Baden-Württemberg, 27. März
Rheinland-Pfalz, 27. März
Bremen, 22. Mai
Mecklenburg-Vorpommern, 4. September
Berlin, 18. September

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