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Irak

© dpa

Wahlen im Irak: "Die lilafarbenen Finger sind zurückgekehrt"

Ein Test der Sicherheitslage: Der Irak erlebt die friedlichsten Wahlen seit dem Sturz Saddam Husseins. Nur die Wahlbeteiligung bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück.

In den friedlichsten Wahlen seit dem Sturz Saddam Husseins haben die Iraker am Samstag in 14 der 18 Provinzen neue Regionalparlamente bestimmt. US-Präsident Barack Obama nannte den Urnengang einen wichtigen Schritt für die Iraker, "Verantwortung für ihre Zukunft zu übernehmen". Die Abstimmung galt vor dem geplanten Abzug der US-Truppen als wichtiger Test für die Sicherheitslage. Allerdings blieb die Wahlbeteiligung mit nur 51 Prozent deutlich hinter den Erwartungen der Verantwortlichen in Bagdad und Washington zurück. Sie war um sechs Prozentpunkte niedriger als bei den Parlamentswahlen 2005, als das Land mitten in einem Bürgerkrieg steckte und die sunnitische Bevölkerung die Abstimmung boykottierte.

"Die lilafarbenen Finger sind zurückgekehrt, um den Irak aufzubauen", sagte der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki mit Verweis auf die mit Tinte gefärbten Zeigefinger der Wähler. Am Samstagmorgen bei seiner Stimmabgabe in der Grünen Zone hatte Maliki eindringlich für eine hohe Wahlbeteiligung geworben. Sie sei Indikator dafür "dass die Menschen ihrer Regierung und den Wahlen trauen" . Und sie sei Beweis dafür, "dass das irakische Volk nun in richtiger Sicherheit lebt".

Den ganzen Wahltag über gab es dank eines enormen Sicherheitsaufgebots nur drei kleinere Zwischenfälle. Die Landesgrenzen waren geschlossen, in Bagdad und vielen Städten herrschten Fahrverbot und Ausgangssperre, selbst der Flugbetrieb ruhte. Kinder spielten auf den leergefegten Straßen, während ihre Eltern an den mit Stacheldraht und Sperren gesicherten Wahllokalen anstanden. 100.000 irakische Polizisten und Soldaten waren aufgeboten, um die Menschen vor Selbstmordattentätern und Bombenanschlägen zu schützen. Die US-Truppen sicherten den Luftraum mit Hubschraubern, hielten sich aber ansonsten im Hintergrund.

Schon in den letzten Wochen hatte auf den Straßen ein Anflug von Normalität geherrscht. Hauswände und Mauern waren mit bunten Wahlplakaten übersät. Viele Kandidaten nutzten die relative Ruhe für öffentliche Veranstaltungen, bei denen Wähler ihnen sogar Fragen stellen konnten - eine Premiere für den von Gewalt geplagten Irak. Im Januar sank die Zahl der im Irak getöteten Menschen auf den tiefsten Stand seit Kriegsbeginn im Jahr 2003. Nach Angaben der irakischen Regierung starben 191 Menschen und wurden 404 verletzt. Im Dezember hatte es noch 316 Opfer gegeben, im Januar 2007 waren noch über 2000 Iraker ums Leben gekommen.

Um die 444 regionalen Parlamentssitze bewarben sich mehr als 14.400 Kandidaten, darunter 3900 Frauen. Die ersten Ergebnisse werden für Dienstag erwartet. Vereinzelt kam es zu Problemen mit den Wählerlisten, auf denen Wahlwillige ihre Namen nicht finden konnten. In den drei autonomen kurdischen Provinzen Arbil, Dohuk und Sulaimaniyah findet die Regionalwahl zu einem späteren Zeitpunkt statt, in der ölreichen Provinz Kirkuk wurde sie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die neu gewählten Regionalparlamente spielen eine doppelte Rolle. Ihre Abgeordneten bestimmen die mächtigen Provinzgouverneure. Und sie kontrollieren regionale Finanz- und Wiederaufbaumittel in einer Größenordnung von insgesamt rund 2,5 Milliarden Dollar. Zugleich gilt die künftige Zusammensetzung der Kammern als Indikator für die Stärke der Parteien bei den Ende des Jahres stattfindenden nationalen Parlamentswahlen.

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