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Lady in Red. Aung San Suu Kyi wird im Wahllokal von Medien umlagert.

© dpa

Wahlen in Birma (Myanmar): Stille Revolution per Stimmzettel?

Birmas Bevölkerung hat ein neues Parlament gewählt. Eine große Mehrheit wollte ihr Recht wahrnehmen. Beobachter erwarten einen Sieg der Partei von Aung San Suu Kyi.

Wählen ist gar nicht so einfach – vor allem, wenn man es nicht gewohnt ist. Die Abstimmung in Birma, das offiziell seit Junta-Tagen wieder Myanmar heißt, war mehr als das. Viele erhofften sich am Sonntag eine stille Revolution per Stimmzettel, allen voran die Oppositionsführerin, Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Umjubelt wählte sie in der Metropole Yangon, einige Kameraleute konnten ihre Stative nicht mehr retten, als ihr Fahrer ohne Rücksicht darauf bis direkt vors Gebäude fuhr.

Dort war die Wechselstimmung mit Händen zu greifen. Die Wahlbeteiligung war enorm hoch, doch andernorts ging es gelassener zu. Nach Schlangen am Morgen kamen am Nachmittag nur noch wenige Wähler, berichteten insgesamt zufriedene internationale Beobachter. Ein Erlebnis im Karen-Staat dürfte kein Einzelfall gewesen sein: Dort riefen Umstehende eine Frau zurück, die nach der Abstimmung heimgehen wollte. Sie hatte noch drei weitere Stimmen, für jede musste sie aber in ein anderes Klassenzimmer. Seine liebe Not hatte mancher damit, Familien davon abzuhalten, zusammen in die Kabine zu gehen.

Doch welch ein Unterschied zur gefälschten Wahl 2010, als die Lady ihre Partei NLD aus dem Hausarrest zum Boykott anwies, Beobachter waren unerwünscht. Einige Abtrünnige der NLD traten dennoch an. Aktivisten wie Studenten tauschten per Handy Informationen über Auszählungen aus und mussten am nächsten Morgen feststellen, dass die Wahlzentrale ganz andere Ergebnisse bekannt gab. Erst danach kam Suu Kyi frei, übernahmen Exgeneräle in zivil die Regierung, startete ein atemberaubender Reformprozess.

Die internationale Gemeinschaft überschlug sich mit Besuchen. Die Lady arrangierte sich mit ihren ehemaligen Peinigern. Seit anderthalb Jahren stockt der Öffnungsprozess, Aktivisten wurden festgenommen. Die regierende USDP warnte im Chor mit Hass gegen Muslime predigenden buddhistischen Mönchen vor gewaltsamen Unruhen wie im Arabischen Frühling. Allerdings erklärten Präsident wie Militärchef, sie würden das Ergebnis anerkennen.

Beobachter rechnen mit einem hohen Sieg der NLD. Dass sie quasi alle wählbaren Sitze (25 Prozent sind dem Militär vorbehalten) erhält, erschien nach ersten Auszählungen aber unwahrscheinlich. Augenzeugen sprachen von „gemischten Ergebnissen“. Erste offizielle Zahlen will die Wahlkommission am Montag nennen, dort tat sich Sonntagabend nichts. Suu Kyis Anhänger feierten derweil erste Auszählungsergebnisse ausgelassen singend vor der Parteizentrale.

Richard Licht

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