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Frank Henkel war gerade richtig für die Berliner CDU.

© Mike Wolff

Frank Henkels Erfolg: Die Berliner CDU ist wieder wer

Der Kurs von Spitzenkandidat Frank Henkel hat sich ausgezahlt: Die CDU gewinnt nicht nur dazu, sondern bleibt auch vor den Grünen zweitstärkste Kraft.

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Das kann man einen Erfolg nennen. Frank Henkel, Spitzenkandidat der Berliner CDU und lange Zeit unbekanntes Gesicht im Wahlkampf, hat seine Partei nach vorn gebracht. 23,5 Prozent, Platz zwei deutlich vor den Grünen. Damit ist die CDU wieder da, zurück aus einer Phase, in der sie sich vor allem mit sich selbst beschäftigt hatte und im personellen Dauerzwist gefangen war auch wenn sie mit diesem Ergebnis bleiben wird, was sie ist: Opposition.

Zwar wäre ein neues Bündnis zwischen SPD und Union die Koalition mit der sattesten Mehrheit. Aber Henkel und seine politischen Freunde wissen, dass Wowereits SPD mit den Grünen zusammengehen will. Drei Jahre hatte Henkel daran gearbeitet, die Partei inhaltlich rundzuerneuern und vorsichtig in die politische Mitte zu bugsieren. Ein Schulkonzept, das lange vor der Bundes-CDU ohne die Hauptschule auskam; ein Integrationskonzept, das auf „Fördern und Fordern“ gleichermaßen setzt und die CDU nicht mehr als die Partei der Ausgrenzer und Migrantengegner dastehen ließ; Ideen für den daniederliegenden Arbeitsmarkt der Hartz-IV-Hauptstadt Berlin. Damit war die CDU generalüberholt.

Zugleich gewann Henkel mit der Kulturpolitikerin Monika Grütters, dem Unternehmer Thomas Heilmann und dem Anwalt Burkard Dregger neue Gesichter und Köpfe für das Berliner Präsidium. Mit der kleinen, aber wichtigen Umorganisation gelang es ihm, die Runde der Kreisverbandschefs als eigentliche Parteiführung stillzulegen. Das alles half der CDU in den Umfragen wenig. Bis weit in das Superwahljahr hinein schrammte die früher machtverwöhnte, ehemalige 40-Prozent-Partei an der Zwanzig-Prozent-Grenze entlang. Im Wahlkampf aber ist es Henkel gelungen, den Leuten einen Eindruck von der neuen Solidität seiner Partei zu vermitteln jedenfalls denen, die in Berlin überhaupt geneigt waren, CDU zu wählen.

Lesen Sie auf Seite 2, woran Henkels Erfolg festzumachen ist.

Henkels Freund Frank Steffel, Bundestagsabgeordneter und Kreischef von Reinickendorf, verweist gern auf die unspektakulären, für keine Szene und kein hippes Lebensgefühl interessanten Bezirke wie eben Reinickendorf, Spandau, den Neuköllner Süden mit seinen Reihenhäusern oder das bürgerliche Steglitz-Zehlendorf, um zu sagen, wo die CDU ihre Stimmen gewinnt: bei den kleinen Leuten, die mit „arm aber sexy“ nicht viel anfangen können. Diese Leute zu mobilisieren, ihnen zu sagen „Die CDU ist die Wählerstimmen wieder wert!“ ist Henkel und seiner Mannschaft offenbar gelungen.

Dazu dürfte das auf neuen Wegen entwickelte Wahlprogramm beigetragen haben. Hundert Fragen, hundert Antworten. Das zeigte, dass man Politik auch pragmatisch angehen und darstellen will. Das Programm war im Dialog mit rund 4000 interessierten Parteimitgliedern und Bürgern zustande gekommen und es hatte, glaubt man den Straßenwahlkämpfern, geradezu reißenden Absatz gefunden. Früher sei sie im Wahlkampf vielleicht dreimal nach dem Wahlprogramm gefragt worden, sagte eine CDU-Kandidatin stellvertretend für viele diesmal sei sie 200 Stück losgeworden.

23 bis 25 Prozent machen Henkel nicht zum Shooting Star der Berliner Landespolitik. Aber sie verschaffen ihm Gewicht als Oppositionsführer. Seine CDU, profiliert für ein großstädtisches Publikum, versehen auch mit den Hoffnungen einer bürgerlichen Schicht, die der FDP nicht mehr vertraut hat, kann ihren Kurs der vergangenen drei Jahre bestätigt sehen.

In der Bundes-CDU sehen sie Henkels Performance übrigens mit einem ganz ungewohnten Gefühl: Befriedigung. „Es gibt drei gute Nachrichten“, sagt Generalsekretär Hermann Gröhe im Konrad-Adenauer-Haus. Die beiden weniger wichtigen lauten, dass Rot-Rot abgewählt und dass die Grünen vom Höhen- in den Sinkflug übergegangen seien. An erster Stelle aber kommt für Angela Merkels General: „Die CDU hat ihr Ergebnis verbessert.“ Das hat Gröhe lange nicht mehr sagen dürfen, bundesweit und in Berlin speziell. Über Jahre galt der Landesverband „Bundeshauptstadt“ als relativ hoffnungsloser Fall.

Was die CDU auch andernorts als Großstadtpartei untauglich erscheinen ließ von einer leicht miefigen Anmutung bis zu einer Funktionärsriege, die ihre Hauptaufgabe im internen Kleinkrieg zu sehen schien , trat in Berlin bilderbuchmäßig auf. Die lokalen Helden von Frank Steffel bis Friedbert Pflüger haben diese pessimistische Sicht nie widerlegen können. Auch Henkel galt in der CDU-Spitze anfangs als eine Steffel-Light-Version. Doch das hat sich als falsch erwiesen. „Ich muss ihm Abbitte leisten“, sagt einer aus der CDU-Führung heute.

Henkel habe offenkundig eine Strategie der inneren Befriedung gefunden, die mit dem komplizierten Gefüge der Partei zwischen Kiez und Hauptstadtanspruch zurechtgekommen sei. Dass das ansehnliche Wahlergebnis die Perspektive zerstört hat, gemeinsam mit Renate Künast den Senat zu kapern, gilt als „Pech“. Aber für die Bundes-CDU ist Berlin ab jetzt ein Ort, mit dem sich wieder eine Perspektive verbindet.

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