zum Hauptinhalt
Stimmabgabe ja, Werben um Stimmen nein: Zumindest im Internet ließen Olaf Scholz und Christoph Ahlhaus es eher ruhig angehen.

© dpa

Hamburg-Wahl: Die Ruhe im Auge des Sturms

Vielleicht liegt es daran, dass eh alles entschieden ist, vielleicht ist es die Erschöpfung nach dem Wahlkampf, vielleicht die Ruhe vor dem Sturm: Wenige Stunden vor der Schließung der Wahllokale verhalten sich die Protagonisten der Hamburger Bürgerschaftswahl im Netz erstaunlich ruhig.

Was machen eigentlich Spitzenkandidaten am Wahltag in der Zeit zwischen der morgendlichen Stimmabgabe und dem Aufbruch zur Wahlparty am späten Nachmittag? Werben Sie noch einmal um Bürger, legen sich ins Zeug, geben alles? Angesichts eines fast sicheren Wahlausgangs lassen es die Spitzenkandidaten zur Hamburger Bürgerschaftswahl ruhig angehen: Der prognostizierte Wahlsieger Olaf Scholz verkündete in seinem Altonaer Wahllokal am späten Vormittag, der heutige Tag werde "ganz entspannt". Und in der Tat lassen es die Sozialdemokraten bei derzeit über 20 Prozentpunkten Vorsprung auf die zweite Kraft, die CDU um Amtsinhaber Christoph Ahlhaus, zumindest im Netz ruhig angehen: Lediglich ein etwas unterbelichtetes Foto von der Stimmabgabe twitterte Scholz' Wahlkampfteam, bei Facebook zeigte der Kandidat etwas mehr Engagement: "Gehen Sie zur Wahl, jede Stimme zählt", beschwor Scholz dort am Mittag seine siegesgewisse Fangemeinde.

Von Christoph Ahlhaus' und seiner CDU war indes online gar nichts zu hören und zu sehen, was nicht weiter verwunderlich ist: Der Spitzenkandidat ist mit seiner Kampagne weder bei Twitter noch bei Facebook präsent, der Landesverband der CDU nur bei Facebook. Dort posteten die abgeschlagenen Konservativen heute bisher nur eine Nachricht, die eher nach lakonischer Mitteilung als nach kämpferischem Aufruf klingt: "Die Wahllokale sind geöffnet", meldet "CDU Hamburg" um 09.36 Uhr am Sonntag, für das "Alle hingehen und CDU wählen" o.ä. reicht es schon nicht mehr. Immerhin: Noch am Freitag flehte der CDU-Landesvorsitzende Frank Schira auf der Homepage der Partei deutlich eindringlicher: "Bitte gehen Sie an diesem Sonntag zur Wahl!" Und weiter: "Christoph Ahlhaus und die CDU Hamburg haben die besseren Ziele und Konzepte für unsere wachsende Stadt. Wir stehen für echte Erfolge statt teurer und unseriöser Versprechen."

Mit unseriösen Versprechen ist im Netz derweil die Satire-Partei "Die Partei" enorm erfolgreich: In den Facebook-Charts, die der Blog "Hamburger Wahlbeobachter" gestern veröffentlichte, baute die Partei, die mit dem Slogan "Hamburg - Stadt im Norden" wirbt, ihren Vorsprung in der letzten Woche noch einmal aus, damit sich das auch an der Urne niederschlägt, hat die "Partei" am Samstag auf ihrer Homepage noch einmal neben einem Wahlaufruf einen minutiösen Wegweiser durch das komplexe neue Abstimmungssystem gepostet - ganz so unernst scheint dann doch nicht alles zu sein.

Auch andere machen im Netz ernst: In den ebenfalls vom Wahlbeobachter erhobenen Twitter-Charts führt vor Olaf Scholz, "Partei"-Spitzenmann Heinz Strunk und der FDP-Kandidatin Katja Suding indes ein anderer Außenseiter auf die Bürgerschaft das Beliebtheitsranking an: Mit Abstand die meisten "Follower" hat hier Claudius Holler von der Piratenpartei, doch auch der geht am Wahltag in die Knie - der Wahlkampfplatz Netz wird selbst von der oft so apostrophierten "Internetpartei" am Wahltag preisgegeben: "Ich werde heute nicht viel twittern", postet Holler am Sonntagvormittag, und in der Tat: Erst drei Stunden später kommt die nächste Meldung: "Den ganzen Tag frei ... ohne Piraten und Internet. Wow!"

An diesem Tag, an dem auch die FDP um Katja Suding lediglich versucht, mit der Warnung vor Rot-Grün an die Urnen zu twittern, kämpfen eigentlich nur die Grünen online noch wirklich um Wählerstimmen: Der Landesverband twittert bienenfleißig, bei Facebook gibt es fast minütlich Updates und auf der Homepage läuft, wenn er denn mal läuft, ein Livestream aus der Wahlkampfzentrale, mit Auftritten grüner Prominenz von Claudia Roth bis Cem Özdemir. "3 Tage wach" heißt die Aktion, mit der die GAL seit Donnerstagabend die Energie hochhält, mit Erfolg: Kurz vor 15 Uhr wird der 1000ste Facebook-Fan begrüßt. Ob das der Partei am Ende auch hilft, ein starkes Wahlergebnis einzufahren, wird sich allerdings erst heute Abend erweisen. Denn Online-Rankings hin oder her: Entscheidend ist in diesem Fall immer noch an der Urne!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false