zum Hauptinhalt
Sie hatten Erfolg: Die Initiatoren des Volksbegehrens Berliner Wassertisch (im Bild: Sprecher Thomas Rudek).

© dapd

Leitfaden zur Wahl: Auch Bürger können Gesetze beschließen

Die Parlamentarier sind nicht die einzigen, die über Sachfragen entscheiden dürfen. Die Einwohner Berlins müssen aber hohe Hürden überwinden, wenn sie Recht selbst setzen wollen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit 1995 gibt es in Berlin eine Volksgesetzgebung, die in der Landesverfassung (Artikel 61 bis 63) verankert ist. Seitdem hat nicht nur das Abgeordnetenhaus das Recht, Gesetze zu beschließen, zu verändern oder abzuschaffen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger. Die Instrumente der direkten Demokratie auf Landesebene sind Volksbegehren und Volksentscheide. Außerdem kann das Parlament mit einer Volksinitiative gezwungen werden, sich mit „bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen“, zu befassen.

In Berlin hat es bisher vier Volksinitiativen gegeben, von denen drei erfolgreich waren: Das Abgeordnetenhaus musste über die vorgegebenen Themen (Schule in Freiheit, Nichtraucherschutz, Transrapid) diskutieren. Von den 26 Volksbegehren, die in Berlin gestartet wurden, führten drei zu Volksentscheiden (Flughafen Tempelhof, Pro Reli, Berliner Wassertisch), von denen einer (Wassertisch) erfolgreich war. Ein weiteres Volksbegehren (mehr Betreuungspersonal für Kitas) war in dem Sinn erfolgreich, dass Senat und Abgeordnetenhaus die Forderungen in wesentlichen Bestandteilen übernahmen.

Volksinitiativen
Alle Einwohner Berlins (Deutsche und Ausländer) können eine Volksinitiative starten. Die Initiative ist erfolgreich, wenn sie von 20 000 Bürgern im Alter von mindestens 16 Jahren unterzeichnet wird.

Volksbegehren
Die zum Abgeordnetenhaus wahlberechtigten Bürger Berlins können mit einem Volksbegehren nicht nur Landesgesetze erlassen, verändern oder abschaffen, sondern auch „zu Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen“, Stellung nehmen. Ziel eines Volksbegehrens kann auch die Änderung der Landesverfassung oder die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses sein. Nicht erlaubt sind Volksbegehren zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffentlichen Unternehmen und zu Personalentscheidungen.

Volksbegehren zu einem Gesetzentwurf oder zu „sonstigen Beschlüssen“ müssen von mindestens 20 000 Bürgern, die zum Abgeordnetenhaus wahlberechtigt sind, per Unterschrift unterstützt werden. Um Verfassungsänderungen oder eine Parlamentsauflösung zu erreichen, sind 50 000 Unterschriften nötig. Der Senat prüft die formale und inhaltliche Zulässigkeit des Begehrens und legt es dem Abgeordnetenhaus vor. Hält der Senat das Volksbegehren für verfassungs- oder bundesrechtlich unzulässig, muss der Verfassungsgerichtshof von Berlin darüber entscheiden.

Sollte das Parlament den Gesetzesantrag oder Beschlussentwurf nicht „im wesentlichen Bestand“ übernehmen, geht das Volksbegehren in die zweite Stufe und benötigt innerhalb von vier Monaten die Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten. Volksbegehren zur Verfassung oder zur Auflösung des Abgeordnetenhauses müssen von 20 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt werden.

Volksentscheid
Nach einem erfolgreichen Volksbegehren muss innerhalb von vier Monaten ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Diese Frist kann auf acht Monate verlängert werden, wenn der Entscheid mit Wahlen oder anderen Volksentscheiden zusammengelegt werden kann. Vorher wird dem Abgeordnetenhaus ein zweites Mal förmlich die Möglichkeit gegeben, sich dem Begehren „in seinem wesentlichen Bestand“ anzuschließen. Geschieht dies nicht, wird vom Senat ein Abstimmungstermin festgelegt.

Ein Gesetz ist durch Volksentscheid angenommen, wenn eine Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer zustimmt. Das müssen aber mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten sein. Eine Verfassungsänderung ist angenommen, wenn mindestens zwei Drittel der Teilnehmer, aber mindestens die Hälfte aller Wahlberechtigten zustimmt. Das Abgeordnetenhaus wird aufgelöst, „wenn sich mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten daran beteiligt und die Mehrheit der Teilnehmer zustimmt“.

Für die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin hat Tagesspiegel-Redakteur Ulrich Zawatka-Gerlach einen Leitfaden zur Wahl geschrieben. Hier gibt es die komplette Broschüre zum Herunterladen. Und hier können Sie sich über einzelne Themen informieren.

Zur Startseite