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Frank Schira.

© dpa

Nach Bürgerschaftswahl: Hamburgs CDU-Chef Schira tritt nach Wahlschlappe zurück

Kandidaten, Karrieren, Kultfiguren: Wer kommt, wer geht – die Parteien in Hamburg sortieren sich neu. CDU-Vorsitzender Frank Schira tritt zurück.

Am Tag nach dem Triumph von Hamburg steht Olaf Scholz im Willy-Brandt-Haus. Es ist früh am Morgen, 9 Uhr 45, gerade hat er von SPD-Chef Sigmar Gabriel den obligatorischen Blumenstrauß überreicht bekommen. Rosen, Anemonen, Ranunkeln. Scholz hat in seiner Rede wieder von „Verantwortung“ gesprochen, von „pragmatischer Politik“ und dass er das „Ergebnis sehr ernst nehme“. Es war der übliche, der spröde Scholz. Jetzt will er in den Fahrstuhl steigen. Frage: „Wie geht es ihnen.“ Antwort: „Ich kann nicht klagen.“ Eine Mitarbeiterin witzelt: „Das war jetzt ein Gefühlsausbruch.“

Früher haben sie nicht so freundlich gelacht im Willy-Brandt-Haus. Sondern wegen seiner monotonen Verteidigung der Agenda-Politik die Augen verdreht. Heute wirkt Scholz mit seiner emotionslosen Sprache vorbildlich solide. Am Ende wird aus dem Scholzomaten noch eine Kultfigur. In der SPD nennen sie ihn schon den „heiligen Olaf“.

Zu Hause in Hamburg hat die Fraktion sich zur gleichen Zeit ein ausgiebiges Frühstücksbüfett gegönnt, spendiert vom Fraktionschef Michael Neumann, der im künftigen Senat womöglich Innensenator wird. Auch an der SPD-Basis ist Scholz’ nüchterner Charakter Gesprächsstoff. Wird er als Landesvater ankommen im Umgang mit den Bürgern? Einer resümiert: „Wichtig ist nur, dass er etwas hat, was die Leute beeindruckt.“ Scholz müsse also nichts mehr dazulernen.

Im Laufe des Abends hatte sich der eine oder andere Sozialdemokrat sogar erschrocken gezeigt von der absoluten Mehrheit. Denn als die Wahlforscher den Parteien am Nachmittag erste Prognosen zugespielt hatten, hatte kaum ein Sozialdemokrat mit ihr gerechnet: Beide kleinen Parteien lagen über der Fünfprozentmarke. Am Montag heißt es in der SPD-Hamburg: „Eine knappe Mehrheit der Sitze in der Bürgerschaft diszipliniert.“ Trotzdem wird es in der neuen Bürgerschaft, die sich Anfang März konstituiert, einfach zugehen: Alle gegen Scholz. Die SPD will spätestens am 30. März den neuen Senat wählen.

Zu diesem Zeitpunkt wird wohl auch feststehen, wer die neuen Spitzenleute der CDU sind. Das historisch schlechte Wahlergebnis wird zu einem kompletten Neuanfang führen. „Weder Landes- und Fraktionschef Frank Schira noch Bürgermeister Christoph Ahlhaus sind zu halten“, hatte ein Fraktionsmitglied, der selbst eine mögliche Kandidatur für die Fraktionsspitze ablehnte gesagt. Am Abend trat der Landesvorsitzende Frank Schira in einer Landesvorstandssitzung zurück. So wird es wohl auf den bisherigen Senator für Gesundheit und Soziales, Dietrich Wersich oder den Haushaltsexperten Roland Heintze hinauslaufen. Als Landesvorsitzender kommen die Bundestagsabgeordneten Jörg Kruse und Marcus Weinberg infrage. Die Tendenz geht zu Weinberg, weil Kruse sich eher in Berlin sieht. Papiere, die zur Neuaufstellung der Partei am Sonntagabend kursierten, halten Insider für nicht relevant. Schira und Ahlhaus, die mit ihrer persönlichen Feindschaft die CDU spalteten, könnten 2013 für den Bundestag kandidieren. Es gilt etwa als wahrscheinlich, dass der langjährige Bundestagsabgeordnete und ehemalige CDU-Landeschef, Dirk Fischer, nicht mehr kandidiert. 2013 wird er 70.

Sehr viel jünger, 35, ist die zweite große Siegerin des Hamburger Wahlabends: Katja Suding. Am Abend feierte sie nur bis um 23 Uhr 45 und stieß mit Tee an: Eine starke Erkältung hatte ihr zugesetzt. Frühmorgens um sieben Uhr ging es bereits mit dem ICE nach Berlin, wo FDP-Chef Guido Westerwelle wartete und Lobeshymnen auf Suding hielt. „Ein Auftakt nach Maß“, sagte er. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wird noch aus einem anderen Grund erfreut gewesen sein. Lindner hat Suding bereits im Wahlkampf als mögliches Vorbild für die ganze Partei bezeichnet. Sie steht für einen Stil, den die jungen FDP-Führungskräfte gerne mehr verankert sehen wollen in der Partei: wärmer, sympathischer und, das Wichtigste, bürgernäher. Auch in dieser Hinsicht hat die zweifache Mutter ihre Sache gut gemacht.

Trotz ihres Erfolges zeigte die Partei Die Linke wenig Durchhaltevermögen beim Feiern: Noch vor Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses endet die Party. Dora Heyenn, die 61-jährige Spitzenkandidatin, war erschöpft und glücklich zugleich: „Hauptsache wir sind drin in der Bürgerschaft, alles andere ist egal“, lautete ihr abendliches Fazit. Eine andere Linke hatte dann aber schnell die Erklärung parat für das frühe Ende der Feier: „Unsere Anhänger und Mitglieder müssen sehr früh aufstehen und Geld verdienen.“

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