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Jürgen Rüttgers hofft auf die alten Wähler von Johannes Rau.

© dpa

Teil 1: Entscheidet Johannes Rau die Landtagswahl?

Am 9. Mai wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt, der Wahlausgang in dem bevölkerungsreichsten Bundesland ist spannend, und er könnte auch die Bundespolitik nachhaltig beeinflussen. Politische Beobachter sprechen deshalb von einer kleinen Bundestagswahl. Unser parlamentarischer Korrespondent Christoph Seils  beobachtet den Wahlkampf an Rhein und Ruhr hautnah und führt auf  tagesspiegel.de Tagebuch.

Dienstag, 20. April, 9.30 Uhr Der Landtagswahlkampf an Rhein und Ruhr läuft auf Hochtouren und immer wieder fällt dabei in diesen Tagen ein Name: Johannes Rau. Die CDU bemüht sich intensiv darum, das Erbe des verstorbenen Sozialdemokraten, ehemaligen Ministerpräsidenten und ehemaligen Bundespräsidenten für sich vereinnahmen. "Wer die SPD wählt, der wählt nicht die alte Sozialdemokratie des Johannes Rau, der wählt die Fußkranken des alten Regimes", erklärt CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers auf seinen Wahlkampfveranstaltungen. Im Regionalfernsehen läuft dazu derzeit ein Werbespot der CDU. Ein Taxifahrer mit grauen Haaren und Halbglatze bekennt darin freimütig  "früher hab ich noch den Johannes Rau und die SPD gewählt" und natürlich wählt der Mann im orangenen Pullover jetzt Jürgen Rüttgers, "damit es in diesem Land gerecht zugeht". Der selbsternannte "Arbeiterführer" hat schon in den vergangenen Jahren jede Gelegenheit genutzt, den beliebten ehemaligen Landesvater für sich einzuspannen. So inszenierte Rüttgers zum Beispiel die "Johannes Rau Gespräche" der Staatskanzlei oder er setzte sich wie sein sozialdemokratischer Vorgänger für die Versöhnung mit Israel ein. Der Sozialdemokrat Rau hat Nordrhein-Westfalen von 1978 bis 1998 regiert und dabei für die SPD drei Mal die absolute Mehrheit gewonnen, erst 1995 musste er dann mit den Grünen koalieren. Mit dem TV-Spot spricht Rüttgers nun traditionelle SPD-Anhänger, die "heimatlosen Rau-Wähler", wie er sie nennt, direkt an. Diese könnten den Ausgang Landtagswahl am 9. Mai maßgeblich beeinflussen, entscheidet also Johannes Rau die Landtagswahl?

Nur ältere Nordrhein-Westfalen können sich vielleicht daran erinnern, der TV-Spot mit dem Taxifahrer ist ein Filmzitat. Vor 20 Jahren warb Johannes Rau mit einem ähnlichen Spot erfolgreich um CDU-Wähler und Anhänger von Helmut Kohl. Es gelang ihm so, sich vom negativen Bundestrend seiner Partei abzukoppeln. Dieses Erfolgsrezept, will nun die CDU für sich nutzen. Aber so einfach lässt sich die SPD das Erbe ihres Idols nicht entreißen. Spitzenkandidatin Hannelore Kraft wehrt sich gegen die Umarmungsversuche von Rüttgers und ist davon überzeugt, "die Johannes-Rau-Wähler sind viel zu schlau, um ihm auf den Leim zu gehen." Ganz sicher sind sich die sozialdemokratischen Wahlkampfstrategen der SPD offenbar nicht und so greift auch die SPD zu einem legendären ehemaligen Rau-Slogan: "Wir in NRW". Hannelore Kraft wirbt dazu um die "solidarische Mehrheit" der Wähler und ist davon überzeugt, auch Johannes Rau hätte sich zu dieser Mehrheit gezählt. Bei anderer Gelegenheit schimpf Kraft darüber, dass die Finanzpolitik der Bundesregierung die finanzielle Not der Kommunen verschärft und erklärt schließlich, "Für uns gilt das Johannes-Rau-Wort `Stadt und Land Hand in Hand`". Johannes Rau ist auch bei der SPD wieder in aller Munde. Nur ein Problem hat die SPD-Spitzenkandidatin noch. Kraft müht sich im Wahlkampf zwar redlich darum, in die Fußstapfen Johannes Rau zu treten. Aber sie ist längst nicht so beliebt und so bekannt, wie ihr verstorbener Parteifreund und legendärer Landesvater.

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