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Vor Landtagswahl: SPD wird Debatte über Linksbündnis in NRW nicht los

Die Linkspartei und die CDU haben derzeit ein großes Interesse daran, die SPD in Nordrhein-Westfalen in eine Debatte über ein rot-grün-rotes Bündnis zu verwickeln. Die Sozialdemokraten stecken in einem strategischen Dilemma.

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Berlin - Zwei Parteien haben großes Interesse an einer Diskussion über ein mögliches rot-grün-rotes Bündnis nach der Landtagswahl am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen: die Linkspartei und die CDU. Eine Partei hat es ganz und gar nicht: die SPD. Deshalb bekam der stellvertretende Landesvorsitzende der Sozialdemokraten, Jochen Ott, jetzt mächtig Ärger mit seinen Genossen. Der Kölner hatte sich vor ein paar Tagen mit der Landeschefin der Linken, Katharina Schwabedissen, auf einen Kaffee getroffen. Ein „Kennenlerngespräch“, wie Schwabedissen dem Tagesspiegel berichtet. Als „hilflos“ bezeichnet sie die Reaktionen der SPD auf das Treffen: Es müsse selbstverständlich sein, sich auch vor der Wahl über Inhalte und Schnittmengen auszutauschen. Seit eineinhalb Jahren schlage die Linkspartei der SPD in NRW solche Gespräche vor, bisher aber seien alle Vorstöße ignoriert worden.

Otts Parteifreunde waren sauer über den Tabubruch, der eine Debatte über ein mögliches Linksbündnis nach dem 9. Mai anheizte. Von einer „Eselei“ war die Rede, einer „selten dämlichen“ Aktion. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft rügte am Montag nach der SPD-Präsidiumssitzung in Berlin den „Alleingang“ Otts. Der selbst versuchte, den Unmut seiner Genossen mit der Feststellung zu beschwichtigen, er wisse nach dem Treffen mit Schwabedissen, dass die Linke in Nordrhein-Westfalen weder koalitionsfähig noch koalitionswillig sei.

Die Linke versucht den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Bei ihrem Landesparteitag am Samstag in Duisburg ging es darum, die Option Linksbündnis offensiv zu diskutieren – anders als bei früheren Treffen nahm die Basis das hin. Ohne dass es Protest und hässliche Zwischenrufe gab, stimmte der Landeschef des Partnerverbandes Brandenburg, Thomas Nord, die Delegierten ein, dass es zuweilen sehr schnell gehen kann: „Das ist keine fiktive Debatte, sondern eine reale.“ Die Landespartei müsse vorbereitet sein, „die Diskussion steht möglicherweise in kurzer Zeit vor euch“. Ähnlich argumentierten in Duisburg NRW-Linken-Chef Wolfgang Zimmermann und der designierte Bundesvorsitzende Klaus Ernst. Sollte sich die SPD einem möglichen Politikwechsel verweigern, werde sie sich „dem Projekt 18 annähern“, sagte Ernst dem Tagesspiegel.

Die NRW-SPD beobachtet den Schwenk aufmerksam, vergrößert er doch ihr strategisches Dilemma. Einerseits versucht Kraft, die linke Konkurrenz unter die Fünf-Prozent-Hürde zu drücken, indem sie Zweifel an deren Regierungsfähigkeit äußert. Andererseits will sie eine Regierungszusammenarbeit mit der Linken nicht definitiv ausschließen. Sie mache Ausschließeritis nicht mit, suche die Auseinandersetzung, nicht die Zusammenarbeit – wie ein Mantra wiederholte sie diese Formel. Immerhin hat sich Kraft jetzt darauf festgelegt, dass sich Rot-Grün nicht von der Linkspartei tolerieren lassen wird. Ein Land mit 18 Millionen Einwohnern könne nicht mit einer Tolerierung regiert werden, sagte Kraft am Montag.

Sehr wohl beschäftigen sich die Sozialdemokraten im größten Bundesland mit der Möglichkeit einer Koalition – und nennen als ein Hindernis, dass die Linkspartei einen womöglich mühselig ausgehandelten Koalitionsvertrag dem Votum der Mitglieder unterwerfen will. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte kürzlich: „Ich kann nicht ausschließen, dass die Partei Die Linke auch in NRW irgendwann dazulernt. Es ist aber ausgeschlossen, dass dies vor oder kurz nach der Wahl passiert.“

Für die Landes-CDU ist all das im Wahlkampf ein gefundenes Fressen. Vergangene Woche hatte ihr Vizechef Eckhard Uhlenberg ein „Rotbuch“ vorgestellt: Die 32-seitige Dokumentation bescheinigt den Linken, sich „klar als extremistische Kraft“ positioniert zu haben. In der „ohnehin radikalen Bundespartei“ sei der Landesverband „am harten linken Rand einzuordnen“. Die SPD aber eiere herum, bereite den „größten Wahlbetrug in der Geschichte Nordrhein-Westfalens“ vor. Die Linke freute sich über das „Machwerk“ – und bestellte gleich mal 1000 Exemplare für die eigenen Infostände.

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