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Wahlkampf: Alles spricht von Schwarz-Grün – nur Schwarz und Grün nicht

Wahlkampf in NRW: Ministerpräsident Rüttgers legt sich mit der FDP an und gibt damit Spekulationen über andere Bündnisse Raum. Inhaltlich dürfte eine Zusammenarbeit zwischen Schwarz und Grün schwer fallen.

Die grünen Zauberlehrlinge sind irritiert. Nachdem sie die schwarz-grüne Option auf ihrem Parteitag in Nordrhein-Westfalen am Wochenende beschwiegen haben, wundern sie sich nun über die allseits blühenden Spekulationen. „Wir wollen Rot-Grün, und das haben wir auch gesagt“, gibt die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann spitz zurück, wenn man sie auf das Medienecho anspricht und wenig später verschärft sie die Tonlage Jürgen Rüttgers gegenüber. „Der will die Steuerfundis von der FDP doch gar nicht stoppen“, wirft sie dem Ministerpräsidenten vor, dessen Hinweis auf ein mögliches Nein zu neuen Steuerentlastungen sie für reine Taktik hält.

In der Tat beobachten die Grünen seit Jahren, wie wendig Rüttgers werden kann, wenn er glaubt, dass es ihm hilft. „Der nutzt Inhalte nur machttaktisch“, zeigt sich ein anderer Spitzengrüner überzeugt, der den christdemokratischen Regierungschef gut kennt und ähnlich wie Löhrmann den persönlichen Kontakt nie hat abreißen lassen. In der Tat gibt es inhaltlich wenig Übereinstimmung zwischen Grünen und Schwarzen in Düsseldorf. „Nachdem Rüttgers vier Jahre lang Privat vor Staat mitgemacht hat, versucht er sich gerade wieder eine neue Maske aufzusetzen“, analysiert Horst Becker, der grüne Landtagsabgeordnete. Er stand in den vergangenen Wochen besonders im Verdacht, insgeheim den Weg für Schwarz-Grün zu bereiten, weil er im heimatlichen Rhein-Sieg-Kreis ein offizielles Bündnis mit der CDU geschmiedet hat. Sein Ansprechpartner dort war der Rüttgers-Vertraute und Europaminister Andreas Krautscheid. „Das hatte ausschließlich lokale Gründe“, sagt Becker, er hält das nicht für übertragbar auf die Landesebene. „Wir wollen Rüttgers ablösen“, gibt er als Marschroute vor, und an diesem Punkt nickt auch Sylvia Löhrmann. „Die Menschen haben in der Krise erkannt, welchen Irrweg Neoliberale wie Rüttgers gegangen sind, deshalb dürfen wir ihm nicht durchgehen lassen, wenn er die Menschen jetzt über seine wahren Absichten hinwegzutäuschen versucht“, sagt Becker. Koalitionsangebote hören sich anders an.

Inhaltlich dürfte eine Zusammenarbeit zwischen Schwarz und Grün äußerst schwer fallen. „Die CDU in Nordrhein-Westfalen müsste in fast allen Bereichen aufhören, CDU-Politik zu machen“, sagt Becker. Die Grünen sehen wenig Gründe für Kompromisse. „Weil wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind“, heißt das in den Worten von Sylvia Löhrmann. Selbst die Atomdebatte der Union irritiert die Grünen, denn hinter dem „Ausstiegsgerede“ von Bundesumweltminister Norbert Röttgen erkennen sie zunächst einmal den Versuch, die Laufzeiten der Atommeiler um acht Jahre zu verlängern. In der Schulpolitik liegen Schwarze und Grüne ebenfalls weit auseinander. Rüttgers verteidigt das dreigliedrige Schulsystem in Deutschland, die Grünen wollen längeres gemeinsames Lernen. „Die Schulpolitik ist die Achillesverse des Ministerpräsidenten, seine größte Lebenslüge“, urteilt Löhrmann.

Auch auf Seiten der CDU hält sich die Begeisterung für Schwarz-Grün in Grenzen. Weil Jürgen Rüttgers aber glaubt, dass ihm die Debatte um Schwarz-Grün nutzt, lässt er sie laufen. Er sendet in dieser Frage keine eindeutigen Signale. Seit sich Rüttgers so positioniert, trauen sich nur noch wenige in der Landes-CDU ihre Meinung offen auszusprechen. Nur einer hat in den zurückliegenden Tagen deutlich gesagt, was er von einem möglichen Bündnis mit den Alternativen hält: Helmut Stahl, der scheidende CDU-Fraktionschef. „Ich will keine Koalition mit den Grünen, es gibt keine Schnittmengen“, sagt Stahl, „das wäre eine Notlösung.“

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